Ecke Böttgerstraße, Hartmann-Ibach-Straße befand sich ein römischer Gutshof (1884,1905 von Ch. L. Thomas ausgegraben). In dem Haus, das an dieser Stelle heute steht, hat im Erdgeschoss eine Zahnärztin ihre Praxis. Der Gutshof war einer von fünfzig allein auf dem Frankfurter Stadtgebiet nachgewiesenen Landgütern. Diese lieferten den Siedlungen und Kastellen der Römer Obst und Frischgemüse - Kohl, Mangold, Rüben, Möhren und (Feld)Salat. Fleisch vom Rind und Schwein kamen gleichfalls von den Höfen. Wichtig war vor allem der Getreideanbau, denn Weizen und andere Getreidearten wurden für das Fladenbrot benötigt; das Getreide wurde auch zu Grieß und Graupen verarbeitet und mit verschiedenen Zutaten zu Grütze gekocht.
Mit dem, was für die täglichen Mahlzeiten benötigt wurde, mussten auch die Bewohner des Vicus Nida, aus dem sich das spätere Heddernheim entwickelte, versorgt werden. Nida war Verwaltungssitz einer civitas, einem Regierungsbezirk vergleichbar. Die Hauptstadt mehrerer civitates war Mainz. Die Römer waren nicht mehr auf Eroberung aus; ihnen ging es jetzt darum, das von ihnen besetzte Gebiet zu sichern.
Der römische Gutshof, nicht weit vom Günthersburgpark entfernt, besaß neben den Stallungen ein großes Hauptgebäude, dessen Zimmer farbig getüncht waren. Von den neun Räumen besaßen drei eine Bodenheizung. Außerdem hatte man die Grundmauern mit Letten und Putz gegen das nahe Grundwasser geschützt.
"Um Mittag kündigen die Rauchsäulen, die von der brennenden Galluswarte, dem Glauburger Hof, der Holzhauser- und Stalburger Oede emporsteigen, die Ankunft des Feindes an. Weil die Vorposten aus Nachlässigkeit oder Bestürzung den Dienst versäumen, dringen sogleich die Geschwader des Feindes in die Landwehr ein, und treiben bis an die Mauern das weidende Schlachtvieh hinweg; gegen dreitausend Kühe und Schaafe. Als die Falkonettlein (Anm.: leichte Geschütze) von den Thürmen den Einfall verkünden, eilen auf des Obristen Befehl über tausend Knechte und ein Geschwader Reißige hinaus, den Sachsen die Beute abzujagen. Zwar gelang es den wackeren Schützen gegen sechshundert Schaafe nach Frankfurt zurück zu bringen (man wieß ihnen den Hirschgraben zum Weideplatz an),- aber sie-mußten den kleinen Gewinn mit mehr als dreißig Todten bezahlen, woran der Reißigen Feigheit Schuld war, die nach dem ersten Angriff von plötzlichem Schrecken ergriffen, unter die Wälle zurückflohen. Noch größer war der Verlust des Feindes, als er in der Hitze des Verfolgens der Stadt zu nahe kam, wo er aus den Feldschlangen übel empfangen wurde." Wer war der Feind? Es war der protestantische Kurfürst Moritz von Sachsen, der sich als Mitglied des Schmalkaldischen Bundes mit dem (kath.) Kaiser in einem Religionskrieg befand. In diesem ging es um die Ausbreitung der Reformation. Wegen seiner strategisch wichtigen Lage war Frankfurt von der kaiserlichen Regierung zum Militärstützpunkt bestimmt worden und hatte daher eine kaiserliche Besatzung aufnehmen müssen.
Am 17 Juli begannen Kurfürst Moritz von Sachsen und Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach einen Belagerungsring um Frankfurt zu legen. Es gelang ihnen nicht, die stark befestigte Reichsstadt einzunehmen. Nach 22 Tagen mussten sie aufgeben. Trotzdem waren die Folgen der Belagerung für die Stadt beträchtlich. "Empfindlicher aber als der Verlust der Erndte und des Herbstes war den Bürgern der drohende Verfall ihres Handels bei dem allgemeinen Mißtrauen, dem Geldmangel und der Unsicherheit der Straßen. Die Gegend um die Stadt, so weit nur das Auge reicht, lag wüste; das Land war seiner Zierde, der Bäume beraubt. Die Hälfte der Dörfer, Höfe und Landhäuser waren in Asche verwandelt."
Der Rat ließ bald nach dem Abzug der feindlichen Truppen von Konrad Faber einen "Belagerungsplan" schaffen. Dieser wurde 1553 in Holz geschnitten und vom Frankfurter Verlagsbuchdrucker Christian Egenolff, nach dem eine Straße im Nordend benannt ist, gedruckt.
Das Denkmal erinnert an ein Ereignis der Stadtgeschichte, ist aber auch aus anderen Gründen bemerkenswert. Im Vergleich zu früheren Kriegerdenkmälern zeigt es etwas Neues: Auf einer der Sockel-Seiten sind nicht nur die sieben Offiziere aufgeführt, sondern auch die Namen der 75 Grenadiere, die im Dezember 1792 beim Kampf um das FriedbergerTor den Tod gefunden hatten. Bisher war die Namensnennung auf einem Denkmal nur den Offizieren, das heißt Adligen, vorbehalten. Daher meint M. Lurz, das Hessendenkmal markiere einen wichtigen Wendepunkt am Ende des 18. Jahrhunderts: Aus dem Untertan wird der Staatsbürger in Uniform.
Warum war es zum Kampf gekommen? DieFranzösische Revolution hatte mit dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 in Paris ihren ersten Höhepunkt erreicht. Doch in Frankfurt ließ man sich nicht beunruhigen. Ganz bewusst war hier der 14. Juli 1792 alsTag der Wahl und Krönung Franz I. zum Kaiser bestimmt worden. Doch nach knapp drei Monaten trat das für unmöglich gehaltene ein: Die Franzosen erschienen vor Frankfurt. Custine, der General der republikanischen Armeen, hatte am 21. Oktober 1792 Mainz zur Kapitulation gezwungen. Von Frankfurt verlangte er eine Brandschatzung von zwei Millionen Gulden. Die Stadt lehnte ab, und so rückt Custine am 27. Oktober 1792 in Frankfurt ein.
Ebenso rasch aber, wie sie gekommen waren, müssen die französischen Truppen das Feld räumen. Die vereinten Hessen und Preußen rücken mit überlegenen Kräften heran. Custine zieht daraufhin seine Hauptmacht zwischen Oberursel und Höchst zusammen und lässt nur eine Besatzung in Frankfurt zurück. Am 2. Dezember 1792 griffen die Hessen und Preußen das Friedberger- und Allerheiligentor an. Die Anstürmenden waren ohne Deckung, während die französischen Scharfschützen, auf den Wällen der Stadt geschützt, auf die angreifenden Grenadiere zielen konnten, die dadurch viele Verluste erlitten. Da griffen die Frankfurter Handwerksburschen in den Kampf ein und ließen am Friedberger Tor die Zugbrücke herunter. Jetzt konnten die Hessen stürmen. Die Franzosen flohen durch das BockenheimerTor.
Zum Andenken an die Hessen, die unter Führung des Prinzen Carl v. Hessen-Philippsthal den Tod fanden, ließ König Friedrich Wilhelm II. von Preußen 1793 von dem Bildhauer J.C. Ruhl ein Denkmal schaffen. Dessen Grundgedanke ist "Verteidigung gründet auf Stärke." Symbol der Stärke ist der auf Basaltblöcken ruhende Marmorwürfel. Symbol derVerteidigung sind Sturmbock, Schild, Helm und die Keule des Herkules, der den nemeischen Löwen besiegt hatte, dessen Fell mit dem Kopf schlaff über den Sockelrand hängt. Es ist nicht das stolze hessische Wappentier!
Im Zuge der neuen Verkehrsführung wurde das Hessendenkmal 1971 um etliche Meter versetzt. Dem vierspurigen Ausbau des City-Rings und der Überführung der nach Norden verlängerten Kurt-Schumacher-Straße hatte es im Wege gestanden. Daher wurde das Hessendenkmal Stein für Stein abgetragen und weiter nördlich in der Nähe des Mauerwegs wieder aufgeschichtet. Bei der Neuaufstellung ließ man die Pfosten und den Zaun weg. Dem Denkmal fehlt heute das abgegrenzte Gelände, der Privatraum, den es in seiner Geschichte immer besaß. Es steht auf einer Verkehrsinsel, umgeben von Fußwegen und parkenden Autos.
Auf dem Rückzug aus Russland war es am 30./31. Oktober 1813 zu einer Schlacht bei Hanau gekommen. Von dort näherte sich Napoleon I. mit seinen Truppen Frankfurt. Der Kaufmann Philipp Bernhard Aubin, als Mitglied der französisch-reformierten Gemeinde der französischen Sprache mächtig, wird von einem französischen Offizier aufgefordert, dem nahenden Kaiser entgegenzureiten und ihn in sein Quartier zu geleiten. Dazu war das Landhaus von Simon Moritz v. Bethmann ausersehen worden. Auf dem Weg dorthin kommen sie an der Pfingstweide vorbei. Dort hatte die Stadt Lazarett-Baracken aufstellen lassen für die Franzosen, die 1812 in der "Großen Armee" auf dem Feldzug nach Russland erkrankt waren. Als Napoleon davon erfährt, soll er geantwortet haben: "Ich bin euer Schuldner." Auch soll er deshalb den Befehl gegeben haben, Frankfurt vor dem Durchzug des zurückflutenden Heeres zu verschonen. R. Jung sieht das anders. Er meint, dieser Befehl war eine militärische Notwendigkeit: Die müden ausgehungerten Truppen, deren Disziplin schon merklich gelockert war, wären, wenn man sie durch die Stadt hätte marschieren lassen, den Führern vollständig aus der Hand geglitten.
Um drei Uhr nachmittags kam Napoleon im Landhaus der Bethmanns vor dem FriedbergerTor an. Der Hausherr, Moritz v. Bethmann, empfing den Kaiser. Am Abend speiste dieser allein, nahm Meldungen entgegen, erteilte Befehle, führte Besprechungen. Um das Landhaus herum lagerten die Garden. Die Ordnung lockerte sich bei ihnen im Laufe des Tages bedenklich. Es fehlte an Lebensmitteln, die Soldaten drangen trotz des Verbotes in die Stadt ein, so dass Marschall Berthier der Frankfurter Nationalgarde 150 Mann der kaiserlichen Leibgendarmerie zu Hilfe sandte. Die Promenaden und die Privatgärten rund um die Stadt wurden vollständig verwüstet. Die Schwäne im Weiher des Landhauses wurden von den hungrigen Soldaten am Spieß gebraten.
Um die Villa Bethmann herum ging es lärmend zu, da immer noch neue Truppen vom Hanauer Schlachtfeld kamen und durch das Biwak der kaiserlichen Garde marschierten. Nachdem der Kaiser wiederum mit Marschall Berthier gespeist hatte, verließ er am 1. November 1813 um 1 Uhr das Bethmannsche Landhaus. Der Herr des Hauses geleitete ihn die Treppe hinab. Napoleon sagte: "Adieu, Monsieur Bethmann, halten Sie sich gut - und fürchten Sie die Wiederkehrenden!" (Adieu, Mr. de Bethmann, tenez-vous bien et cralgniez les revenants). Der Kaiser stieg zu Pferde und ritt mit den Truppen im Norden um die Stadt herum nach Höchst. Dort übernachtete er im Bolongaropalast und zog am nächsten Morgen weiter.
Am 18. Mai 1848 trat das erste deutsche Parlament in Frankfurt in der Paulskirche zusammen. Rund ein Vierteljahr später, im September, stimmten die Abgeordneten, wenn auch nicht leichten Herzens, dem Waffenstillstand von Malmö zu, den der preußische König mit dem Dänenkönig geschlossen hatte. (Dänemark wollte Schleswig einverleiben). Vor allem die radikale Opposition empfand das Verhalten der Parlamentarier als "undeutsch, freiheitsfeindlich und würdelos" (Wolfgang Klötzer). Unruhen brachen in Frankfurt aus. Die Forderung wurde laut, ein "Konvent" sollte gebildet werden. Aufständische wollten in die Paulskirche eindringen. An mehr als 40 Stellen wurden Barrikaden errichtet. Zwei Abgeordnete der Nationalversammlung wurden ermordet. Erst hessische, preußische und österreichischeTruppen, zum Schutz des Parlaments herbeigerufen, warfen den Aufstand blutig nieder.
Der eine der beiden Getöteten war Felix Fürst Lichnowsky, Abgeordneter der Provinz Schlesien. Er war im Parlament als ein begabter Redner anerkannt, beim Volk war er nicht beliebt. Für ihn, den Monarchisten, war das Volk" Kanaille." Schon am 16. September (1848) verfolgten ihn Nachmittags die Knaben rudelweise unter der Katharinenpforte, während er Abends in die Bethmannsche Villa sich zurückzog und mit Herrn v. Bethmann in einem einsamen Cabinett im Garten das Schreien belächelte, mit welchem ihn der rohe Haufen in der Stadt suche, um endlich seinen Haß an den unschuldigen Fenstern des Gasthauses zum Englischen Hof, wo er sich aufzuhalten pflegte und wo das Volk ihn vermutete, durch Steinwürfe zu befriedigen."
Lichnowsky erhielt mehrere Warnungen, nicht vor die Stadttore zu reiten. Trotzdem tat er es. Den General v. Auerswald, Abgeordneter für die Provinz Preußen, überredete er, ihn zu begleiten. "Angesichts der v. Bethmannschen Villa, die ungefähr zehn Schritte gegenüber dem kurhessischen Monument liegt (Anm.: gemeint ist das Hessendenkmal), verleitete den Fürsten ( ... ) das Umgekehrte von dem zu thun, was ihm hier der einfachste Verstand gebot. Vielleicht auch vermuthete er seine preußischen Truppen hinter sich oder in seiner Nähe - genug, er ritt auf den um das Monument gruppierten Haufen zu und forderte ihn hastig auf, die Waffen niederzulegen. Ein großerTheil lachte, ein andererTheil murrte und ein dritter drohte. Plötzlich wird der Ruf laut: Das ist ja der Lichnowsky! Dieser Name wiederholte sich sofort von Mund zu Mund und alsbald schrie es durcheinander: Spion! Hund! Volksverräther! und wie der Titel alle heißen mögen."
Der Fürst und General v. Auerswald können sich im Haus des Gärtners Schmidt verstecken, werden jedoch entdeckt. Plötzlich fallen Schüsse. General v. Auerswald ist sofort tödlich getroffen. Lichnowsky wird noch in das Hospital zum Heiligen Geist gebracht, wo er kurz darauf an den schweren Verletzungen stirbt. (Nach: "Enthüllungen des gerühmten Prozesses und seiner Geschichte die Tödtung des Generals v. Auerswald und Fürsten Lichnowsky betreffend." Frankfurt am Main 1852). Lichnowskys Leichnam wird in seine Heimat überführt. General v. Auerswald findet seine letzte Ruhe auf dem Frankfurter Hauptfriedhof im altenTeil, Gewann E.
Gegründet wurde das Philanthropin (griechisch: Stätte der Menschlichkeit) 1804 von Siegmund Geisenheimer und drei Gleichgesinnten als "Schul- und Erziehungsanstalt für arme jüdische Kinder" Es war die erste Schule in Frankfurt für Kinder jüdischen Glaubens mit deutscher Unterrichtssprache und weltlichen Fächern. Vorher konnten sie in den Gemeindeschulen nur religiöse Unterweisung, keine weltliche Bildung erhalten. Mit wachsender Schülerzahl wurden größere Räume notwendig. 1908 zog das Philanthropin von der Rechneigrabenstraße in das Gebäude in der Hebelstraße um. Die Lage war für die in das Nordend ziehende Bevölkerung günstig. Außerdem war man mit der Hebeistraße in der Nähe des Scheffelecks nicht zu weit vom Ostend entfernt, in dem traditionell viele jüdische Familien wohnten. Im Laufe seines Bestehens machte das Philanthropin den Schülern immer mehr Angebote. Seit 1928 war es möglich, die Schule vom Kindergarten bis zum Abitur zu besuchen.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde die Situation für das Philanthropin von Jahr zu Jahr bedrohlicher. 1. Oktober 1938: Das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung spricht dem Philanthropin den Status einer öffentlichen Schule ab. 1. April 1939: Die jüdische Gemeinde muss das Gebäude in der Hebelstraße für eine geringe Summe der Stadt verkaufen. 1. April 1941: Auf Erlass der Reichsbehörde werden die höheren jüdischen Schulen aufgelöst. 30. Juni 1942: Alle noch bestehenden jüdischen Schulen im Deutschen Reich müssen geschlossen werden. Die Volksschule, die als einzige noch besteht, stellt ihren Unterricht ein. Im Herbst 1941 wurde die Auswanderung verboten, die Deportationen setzten ein.
Nach der Schließung des Philanthropin 1942 wurde das Gebäude bis Kriegsende 1945 als Reservelazarett benutzt. Seit 1954 gehört es der neu entstandenen Jüdischen Gemeinde. Ihr diente es bis in die 80er Jahre als Verwaltungssitz. Im ehemaligen Turnsaal war ein Kino untergebracht, "Die Kurbel". 1979 kaufte die Stadt Frankfurt das Gebäude der Jüdischen Gemeinde ab. Sie ließ das Erdgeschoss zu einem Bürgertreff umbauen. Die oberen Stockwerke wurden vom Dr. Hoch'schen Konservatorium übernommen. Dieses soll eine neue Unterkunft im entstehenden Bildungszentrum Ostend erhalten, und die Jüdische Gemeinde wird wieder mit einer Schule in das Philanthropin in der Hebelstraße einziehen. Im Jahr 2004 wird das Philanthropin 100 Jahre alt.
Die amerikanische und die britische Besatzungszone Deutschlands schlossen sich zu Beginn des Jahres 1947 zur Bizone zusammen. Die Bizonenverwaltung wurde in Frankfurt a. M. eingerichtet. Die Zonenverwaltung musste vergrößert werden, als im April 1948 die französische Zone sich anschloss und so die Trizone entstand. Konnte Frankfurt dann nicht auch 1949 die Hauptstadt der neuen Bundesrepublik werden? Carlo Schmid schreibt in seinen Erinnerungen: "Praktisch standen nur noch zwei Städte zur Wahl: Bonn und Frankfurt. Die Mitglieder der CDU waren im großen und ganzen für Bonn, während die Sozialdemokraten sich mehr für Frankfurt erwärmten. Konrad Adenauer sprach oft davon, die Hauptstadt des deutschen Teilstaates, der noch zum deutschen Kernstaat werden müsse, gehöre an den Rhein. Dort gebe es noch eine "europäische" Tradition, und das Schlimme am "Preußischen", das sich für das Schicksal Gesamtdeutschlands so verhängnisvoll ausgewirkt habe, hätte am Rhein nie recht Fuß fassen können. Die meisten Sozialdemokraten gaben Frankfurt den Vorzug, weil es ihnen richtig erschien, den Regierungssitz in eine Stadt zu legen, in der die Aufgaben, die das lndustriezeitalter in einer Zeit des Wiederaufbaus Parlament und Regierung stellt, deutlicher in Erscheinung treten als in der geruhsamen Pensionopolis am Rhein."
Für Frankfurt warb ein Vertrauensmann des Oberbürgermeisters Walter Kolb. Zu Gunsten der Stadt sprach einiges: die Paulskirche, in der 1848 die Nationalversammlung stattgefunden hatte, war restauriert, die Währungsreform war von Frankfurt aus vorbereitet, für die Trizonenverwaltung waren beträchtliche Bausummen investiert worden. Doch die Vorentscheidung, in der Ministerpräsidentenkonferenz am 17 August 1948 getroffen, fiel auf Bonn. "ln Frankfurt war man gleichwohl noch guten Mutes" (Frolinde Balser) und glaubte, bei der endgültigen Entscheidung würde Frankfurt doch die meisten Stimmen erhalten. Deshalb wurde südlich der Bertramswiese ein Rundbau als künftiger Sitzungssaal für den Deutschen Bundestag errichtet. Bei der entscheidenden Abstimmung in Bonn am 3. November 1949 stimmten 200 Abgeordnete für Bonn, 176 Abgeordnete waren für Frankfurt. So zog in den fertiggestellten Rundbau nicht das Parlament ein, sondern der Hessische Rundfunk.