31. Oktober 1813
...Gegen drei Uhr am Nachmittag bezog Napoleon Quartier im Landhaus des Bankiers Simon Moritz
von Bethmann am Friedberger Tor. Um sich gegen die Bayern zu sichern, fuhren
die Franzosen eine Batterie an die Brücke und besetzten das Fischerfeld, die
Fahrgasse, den Wollgraben und die Häuser an der Schönen Aussicht mit
Scharfschützen. Die Bewohner dieses Stadtteils flüchteten zumeist in die
Innenstadt, dann begann für viele Stunden zwischen den Bayern und den Franzosen
ein heftiger Schußwechsel. Sehr rasch hatten die Franzosen die östliche
Brückenmühle in Brand geschossen. Ein Frankfurter, der neugierig von der
Schönen Aussicht aus zusah, schilderte später, die Bayern seien mutig gewesen,
sie hätten in aller Ruhe, die Pfeife rauchend, ihre Gewehre abgeschossen, als
sei es ein „Lustschießen“. Die Franzosen wußten, daß im Norden der Stadt ihr
Kaiser saß und sich auf seine Truppen verließ, Sie scheinen sich an der Brücke
festgebissen zu haben, benutzten mit Sand gefüllte Fässer als Kugelfang und
gmgen wohl gegen acht Uhr am Abend beim Schein der brennenden Mühle zum Angriff
über und wurden zusammengeschossen.
Napoleon, der im Landhaus Bethmanns zu Abend speiste, befahl schließlich, das Feuer einzustellen. Manche meinten, er tat es auf besondere Bitten des Bankiers und weil er am Nachmittag die Lazarettbaracken auf der Pfingstweide gesehen hatte. In jenen Lazarettbaracken versorgten die Frankfurter die verwundeten und kranken Soldaten der geschlagenen Armee. Es mag schon etwas ausgemacht haben, daß der Kaiser beim Anblick dieser Hilfsbereitschaft vergaß, daß am Tag vorher die Stadt seinen Feinden zugejubelt hatte. Im Grunde aber wird die Ansicht richtig sein, Bonaparte habe das Feuer einstellen lassen, um die Stadt nicht weiter zu gefährden, weil er hoffte, im Frühjahr 1514 wieder zurückzukommen. Beim Abendessen im Gartenhaus Bethmann sei der Kaiser gesprächig, heiter gewesen, wird beriditet. Er hatte den ganzen Nachmittag über gearbeitet, Depeschen ausfertigen lassen, ein Bulletin diktiert, das den Sieg bei Hanau aufbauschte.
Währenddessen lockerte sich jedoch die Disziplin der vorbeiziehenden Soldaten. Promenaden und Privatgärten wurden verwüstet, die Schwäne vom Weiher des Bethmannschen Grundstückes wurden am Spieß gebraten. Für fünf Uhr morgens hatte der Kaiser den Aufbruch seiner Truppen befohlen. Die Garde sollte um sieben Uhr marschbereit sein. Dann wieder wurde der Abmarschbefehl auf mittags ein Uhr umgeändert. Um halb zwei Uhr stieg Napoleon aufs Pferd und ritt davon nach Höchst ins nächste Hauptquartier. Dort unterzeichnete er seinen letzten Tagesbefehl, brach nach Mitternacht auf und zog sich nach Mainz zurück....