Von Jürgen Schultheis
Bürgerbeteiligung im Nordend zeigt erste Erfolge
Ob Mathias Rust mal hier landen wird, war am Dienstagnachmittag noch nicht klar. Aufsehen erregt der Rote Platz aber auch ohne Flugspektakel. Zumal er eigentlich kein Platz ist, sondern eine runde Ecke, wo Rad- und Autofahrer von der Glauburgstraße stadteinwärts in die Humboldtstraße einbiegen können.
Diesen Mikrokosmos nachbarschaftlicher Nähe hat die Stadt mit einfachen, aber wirksamen Mitteln aufgewertet: Der Eingang zur Humboldtstraße ist stark verengt, zwei illegale Parkplätze hin zur Glauburgstraße sind mit Fahrradständern gesperrt und die gewonnene Fläche ist mit rotem Pflaster hübsch hergerichtet worden. Jetzt ist die runde Ecke außerhalb Moskaus der erste Rote Platz, auf dem Anwohner lieber Öko-Würstchen auf dampfbetriebenen Bratwurstwendern grillen, statt neue Atomraketen auf langen Hängern spazieren zu fahren.
Von schräg gegenüber kommt ein anerkennendes „Bravo". Michi Herl ruft's, Leiter des Stalburgtheaters, und weil er eigentlich nicht da ist, lässt er seine Eloge unter dem prickelnden Titel „Umgesetzte Maßnahmen aus dem Pilotprojekt Nah-Mobilität Nordend" als kleine Notiz reichen: „So gerne ich bekanntlich mosere und anprangere, so gerne lobe ich ja - leider hat man so selten Gelegenheit dazu." Nun ist Gelegenheit und das hat viel mit dem Projekt „Vernetzte Spiel- und Begegnungsräume" des Bundes zu tun. Neun Städte in Deutschland proben, wie mit intensiver Beteiligung der Bürger Ecken und kleine Plätze in ihren Quartieren attraktiver, lebenswerter gemacht werden können.
Zur Aufwertung des Quartiers gehören auch sichere Straßen
Frankfurt probt die Aufwertung im Nordend, weil das Viertel die Zukunft der Stadt vorwegnimmt, sagt Verkehrsdezernent Lutz Sikorski (Grüne). Jeder Fünfte der 54000 Menschen im Quartier ist älter als 65 Jahre, zwölf Prozent sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Zur Aufwertung des Quartiers gehört deshalb auch, die Straßen sicherer zu machen.
Sichtbare Fortschritte gibt es schon: An der Rat-Beil-Straße sind die Geh- und Radwege verbreitert worden. Die ehemals zweispurige Straße hin zum Alleenring ist auf eine Spur reduziert und am Eingang zum Hauptfriedhof weiter verengt worden, um den Übergang für ältere Menschen zu erleichtern. Weiter südlich im Bereich Lortzingstraße/Glauburgplatz werden Anwohner nur noch an der platzabgewandten Seite parken dürfen. Das soll die Atmosphäre in der Straße weiter verbessern. All das sind Vorschläge, die Anwohner gemacht haben. Vorschläge etwa, runde Ecken Roten Platz zu nennen. Am frühen Abend haben die Anwohner im Nordend ihren Platz feiern wollen - auch ohne Mathias Rust.