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Aus : „Studien zur Frankfurter Geschichte 37 - Städtebau und Stadtpolitik im Wilhelminischen Frankfurt" von Jörg R. Köhler, 1995

7.3. Kommunalisierung der Straßenbahn 1897/98 - Ein Beitrag zur städtischen Wohlfahrtspolitik

... Die Frankfurter Handelskammer hatte sich für die Konzessionsvergabe der Linienführung nach Eschersheim eingesetzt, weil der Antragsteller Kollmann ihre Vorstellungen teilte. Dieser begründete sein Vorhaben in einem Leserbrief an die Kleine Presse, indem er zunächst den wirtschaftlichen Aspekt der beantragten Linienführung für nebensächlich erklärte im Vergleich zu ihrer sozialpolitischen Bedeutung. Er hatte längst die Zeichen der Zeit erkannt und sich das Leitbild der "offenen Bauweise" zu eigen gemacht. Er stellte nämlich die Investitionen der Verkehrsinfrastruktur in den Zusammenhang mit wohnungsbaupolitischen Überlegungen. Damit glaubte er gleichzeitig einen wichtigen, zukunftsweisenden Beitrag für Frankfurts Stadtentwicklung geleistet zu haben. Wohnen in den Außengemeinden sei billig, deshalb für Bauherren lohnend. Denn, so führte er abschließend aus: Es wird sehr leicht sein, gerade in den nördlichen Außengemeinden einer Arbeiterfamilie eine sehr geräumige und bequeme Wohnung mit Garten und Ackerland einzurichten, und zwar selbst unter Anrechnung des Fahrpreises nach Frankfurt zu kaum einem Drittel des Preises. ... Die neue "Dampfstraßenbahn" schafft den Frankfurtern draußen die Annehmlichkeiten, die sie bislang vom innerstädtischen Wohnen erwarteten.
Rhetorisch war so dem damaligen Oberbürgermeister Miquel nach dem Mund geredet, die formulierten Absichten stimmten mit dessen kommunalen Planungszielen überein.
Kollmann war eilfertig darum bemüht, Magistrat und kommunale Aufsicht von seinem sozialpolitisch motivierten Projekt zu überzeugen und gründete in den Vorortgemeinden Ginnheim, Eschersheim, Heddernheim, Eckenheim, Preungesheim, Bonames, Unter- und Ober-Eschbach, Gonzenheim und Homburg Comites für den Bau billiger Arbeiterwohnungen. Damit wollte er sich seine Kundschaft für die Dampfbahn schaffen, die vorzugsweise auf den in die frühesten Morgenstunden und in die Abendstunden fallenden Arbeiterverkehr eingerichtet werden soll(te). Vielleicht war es Kollmanns rhetorisch überzeugende Antragstellung oder schlichtweg die verkehrstechnische Notwendigkeit, die die staatliche Kommunalaufsicht dazu bewegte, der Lokalbahn-Gesellschaft, entsprechend dem Antrag, die Konzession für eine eingleisige Bahnverbindung zwischen Eschenheimer Tor und Eschersheim zu erteilen.
Es dauerte nur zwei Jahre, bis die Frankfurter "Zeitungs-Öffentlichkeit" die Mißstände auf der Eschersheimer Lokalbahn zu ihrem stadtpolitischen Thema machte, nachdem es zum Tagesgespräch der Heddernheimer und Eschersheimer Einwohner geworden war. Denn dort hatte sich inzwischen eine Kommission gebildet, die einen Forderungskatalog von elf Punkten zusammenstellte und dem Betreiber vorlegte. Man forderte die Annahme der Bürgerwünsche, da man sonst die Bahn "nicht mehr benutz(en) wolle". Das Vertrauen in diese "Bahn" war nur schwerlich wieder zurückzugewinnen. Die Lokalbahn wurde auch von der Frankfurter Bevölkerung abgelehnt, obwohl der Pendelverkehr mit den nördlichen Vororten Frankfurts am größten war, denn so das Urteil der lokalen Öffentlicheit: "Der Betreiber hätte die Übelstände auf den städtischen Straßen noch vemehrt. "

Die wichtigsten Beschwerde-Punkte waren: 1. Einhalten der geplanten Abfahrzeiten und das pünktliche Abfahren. Auch bei schlechtem Wetter soll der 24 Min.-Takt eingehalten werden. Die Bahn-Gesellschaft hatte je nach Auslastung die Fahrzeiten verändert, so daß Arbeiter verspätet zur Arbeit kamen. Bei Überfüllung solle Rückerstattung des Fahrpreises gewährleistet sein. Weiter forderte man die Anerkennung der Tageskarten auch nach 18 Uhr.

Am 12.2.1893 erging Petition mit ca. 320 Unterschriften an Magistrat, eine Straßenbahnlinie vom Eschenheimer Tor oder Schillerstraße bis zur Vogtstraße einzurichten, da die Eschenheimer Lokalbahn nicht dem Bedürfnis entspreche. Unterschrieben hatten Maler, Privatiers, Kaufleute, Agenten, Lehrer, Schneider, Fabrikanten, Erzieherinnen, Zahntechniker, Gastwirte, Metzger, Schlosser, Zimmerleute, Tapezierer, Diener, Kutscherjournalisten, Landwirte, Theaterarbeiter, Putzfrauen, Einzelwarenhändler, Chemiker, Architekten, ärzte, Friseure, Ausläufer, Gärtner, Schreiner u.a.. Aus dem Haus Nr. 55 der Wolfsgangstraße haben von neun Parteien acht unterschrieben. Daß ganze Hausgemeinschaften unterschrieben haben, ist anhand der Unterschriften zu beobachten, aber nicht durchgängig. S. Mag.Akt. R 1788. Der Bezirksverein Nordwest schloß sich dieser Bewegung an und richtete ebenfalls eine gesonderte Petition an den Magistrat (15.5.1893). Der Verein räumt zwar ein, daß die Dampfbahn für die Arbeitermassen von und nach Eschersheim wichtig sei, für den Verkehr zwischen Innenstadt und nördlicher Außenstadt würde man jedoch eine städtische Trambahn vorziehen.

Die negative Meinungsbildung gegenüber dieser Vorortbahn gereichte dem Magistrat zum Vorteil. Er nahm den Vorfall zum Anlaß, den Ausbau seiner bescheidenen Planungskompetenzen auf informellem Wege zu erreichen. Zwar waren sich Magistrat und Aufsichtsbehörde darüber einig, daß die Einstellung der mit Dampf betriebenen Bahn möglichst bald erfolgen sollte, doch Hauptproblem blieb für den Magistrat die Tatsache, daß er es als planungshinderlich ansehen mußte, daß Privatunternehmer die Konzession allein beim Polizei-Präsidium erlangen konnten. Als die lokale Öffentlichkeit die Mißstände auf der Eschersheimer Lokalbahn erörterte, führte Kollmann (Frankfurter Lokalbahn AG) Verhandlungen mit der kommunalen Aufsicht, um die Bedingungen für die Einstellung des Dampfbetriebes auszuhandeln. Bei Verzicht auf Dampfbetrieb war ihm die Verlängerung der Strecke Eschersheim - Eschenheimer Tor bis in die Innenstadt Frankfurts hinein, zum Schillerplatz, angeboten worden. Damit ließ er es jedoch nicht bewenden. Er dachte an die Zukunft und stellte zusätzlich den Antrag, eine zweigleisige Bahnverbindung nach Hohemark, Eckenheim, Preungesheim und Bergen eröffnen zu dürfen. Der Magistrat, vom Polizeipräsidenten sachgemäß informiert, machte unumwunden auf die Nachteile einer möglichen Konzessionsvergabe entsprechend dem Antrag aufmerksam. Er ließ die kommunale Aufsicht wissen, daß man keine weiteren Privatunternehmen im innerstädtischen Nahverkehr dulden könne. Die staatliche Aufsicht, von der Argumentation Adickes' überzeugt, folgte letztendlich dessen Planungsüberlegungen. Damit waren der Lokalbahn-Gesellschaft die Wachstumsmöglichkeiten genommen; Kollmann gab sich geschlagen, der Verkauf der Eschersheimer Dampfbahn zum 1.1.1901 zum Preis von M. 500.000 an die Stadt Frankfurt dann logische Folge. Allerdings sollte es dann bis 1908 dauern, bis diese Bahn von Dampf- auf Elektrobetrieb umgestellt wurde. Die Auseinandersetzungen in Fragen der Finanzierung zogen sich hin, zumal die Erweiterung der Strecke bis nach Heddernheim geplant war. Eschersheim wollte die Bahnverbindung, aber ohne finanzielle Eigenbeteiligung außerhalb des Gemeindegebietes, so daß sogar die Rechtsinstanz des Bezirksausschusses eingeschaltet werden mußte.
Das südliche Pendant zu dieser nördlichen Vorortbahn bildete die ebenfalls mit Dampf betriebene Waldbahn. Sie war ursprünglich für das städtische Bürgertum eingerichtet worden, damit wochenends Ausflüge in die südlich Frankfurts gelegenen Wälder gemacht werden konnten. Werktags entwickelte sie sich dann zum Verkehrsmittel der Arbeiter. Sie war relativ billig, die Rentabilität war gering, sie ging 1898 in Stadteigentum über.
Die dritte, die elektrisch betriebene Vorortbahn nach Offenbach war noch am längsten in privatwirtschaftlicher Hand, nämlich bis 1904.
Alle drei Linien waren aufgrund technisch unzulänglicher Ausstattung nicht in der Lage, stadterschließende Funktionen zu übernehmen. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs stagnierte. Die ökonomische Monopolstellung der einzelnen Linien trug dazu bei, daß technische Innovation und die Verbesserung des Fahrkomforts kaum als betriebswirtschaftliche Notwendigkeit erkannt werden konnten.
Jedenfalls, bis 1899 war das innerstädtische Verkehrsnetz nach radialen Prinzipien zwar angelegt, doch unvollständig. Die Straßenbahn folgte bis zur Jahrhundertwende etwa der städtebaulichen Erschließung. Die ehemaligen Wachtürme (Warten) bildeten bis Ende des 19. Jahrhunderts mehr oder minder die Endpunkte der städtischen Straßenbahnen, so im Fall der Galluswarte und Bockenheimer Warte. Auch das altstädtische Bornheim und Sachsenhausen waren mit Straßenbahn versorgt. Die ersten Linien, die eingeführt wurden, folgten zunächst den Wohnquartieren des Bürgertums. Adickes hatte noch 1896 im Sinne von Auffangplanung formuliert, daß "derjenige Trassenverlauf der Straßenbahn begünstigt werde, der die größte Anzahl bewohnter Häuser anzuschließen vermag".
Die privatwirtschaftliche Organisation des öffentlichen Nahverkehrs wurde im Zuge von Stadtwachstum und Urbanisierung mehr und mehr als städtebaulicher Hemmschuh erkannt. Den Stadtverordneten kam deshalb der Magistrats-Antrag von 1896 entgegen, der die Kommunalisierung der Straßenbahn bei gleichzeitiger Umstellung der innerstädtischen Pferdebahnen auf elektrischen Antrieb anstrebte. Sämtliche Verträge mit den privaten Trambahngesellschaften wurden fristgerecht gekündigt. Von der Modernisierung der Straßenbahn versprach man sich folgende Vorteile für den Städtebau: günstigere Planungsbedingungen, erhöhte Leistungsfähiekeit und damit Wachstum der Verkehrsbeförderung, schnellere Fahrgeschwindigkeit, höhere Betriebssicherheit und in ökonomischer Hinsicht: eine Senkung der Betriebskosten von ca. 33%, rationellere Nutzung der städtischen E-Werke, höhere Einnahmen, die als Investitionen den Ausbau des Verkehrsnetzes begünstigen und Verringerung der Folgekosten wie Straßenreinigung.
Die Elektroindustrie, in Kenntnis der sich überlagernden Planungskompetenzen von Kommune und staatlicher Aufsicht, wandte sich nun an letztere mit Anträgen auf Konzessionsvergabe der unterschiedlichsten Wegführungen und Projektvorhaben in elektrischem Betrieb. Neue Technologien versprächen wirtschaftliches Wachstum und erhöhte Nachfrage; die kommunale Aufsicht wurde also mit Anträgen auf Konzessionsvergabe überschüttet. Der Magistrat sah sich deshalb aufgerufen, seine Planungsüberlegungen dem Regierungspräsidenten unzweideutig mitzuteilen. Unter anderem führte er aus: "Wenn auch im einzelnen der Gang der Dinge (gemeint ist die Stadtentwicklung Frankfurts, J.R.K.) sich nicht sicher vorausbestimmen läßt, so darf man doch mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß die jetzt aus der Stadt nach den nächsten Vororten (Seckbach, Preungesheim, Eckenheim, Eschersheim, Ginnheim, Hausen, Rödelheim, Griesheim, Höchst, Oberrad, Offenbach) führenden Landstraßen in naher Zeit bebaut werden und daß sie dann den Charakter städtischer Straßen annehmen werden. Auf diese Straßenzüge werden daher die städtischen Straßenbahnen zweckmäßig auszudehnen sein. Es wird hier nicht nur der Verkehr aus den einzelnen Vororten nach dem Herzen der Stadt, sondern auch der Zwischenverkehr der einzelnen Teilstrecken sich abspielen. Da die genannten Vororte nicht über 5 km von dem Verkehrsschwerpunkt in Frankfurt abliegen, so wird die Dauer der Fahrt mit einer guten elektrischen Straßenbahn 30 Minuten nicht übersteigen. Wenn die Ansicht hervorragender Sachverständiger des städtischen Verkehrswesens richtig ist, daß bei einer guten Entwicklung der Großstädte die Dauer der Fahrt zwischen Wohnung und Geschäft nicht mehr als 20-30 Minuten betragen soll, so wird die Grenze der Zulänglichkeit der Straßenbahnen in den genannten Vororten erreicht sein, und es wird für die in weiterer Entfernung liegenden die Anwendung von Schnellbahnen erforderlich, welche zur Erzielung größerer Geschwindigkeit unabhängig vom Straßenniveau sein müßten. Diese müßten also die Straßen nur mit über- oder Unterführungen kreuzen dürfen oder auf geeigneten Strecken als Hochbahnen über oder als Untergrundbahnen unter den Straßen geführt werden. Wie weit diese Schnellbahnen in das Herz der Stadt hingeführt werden können, hängt von den lokalen Verhältnissen und der Höhe der Kosten ab. In dem Maße aber, in dem der Verkehr in dem Innern der Stadt zunimmt, wächst das Bedürfnis, schnellfahrende Bahnen, die unabhängig vom Straßenverkehr sind, auch in das Herz der Stadt hineinzuführen. Zahlreiche Beispiele englischer und amerikanischer Großstädte und das neueste Vorgehen in Berlin, Wien, Paris, Boston und Budapest bestätigen das Gesagte".
Adickes ging davon aus, daß Straßenbahnen im Umkreis von 5 km an das innerstädtische Straßenbahnnetz Frankfurts direkt angeschlossen werden sollten, für die Vororte, die über diese Entfernung hinaus aus beschäftigungspolitischen Gründen an Frankfurt verkehrstechnisch anzubinden sind, schlägt er die Planung eines Netzes von Schnellbahnen auf eigenem Bahnkörper (Kleinbahnen) vor. Da mit Privatunternehmen schlechte Erfahrungen gemacht wurden, empfiehlt er den Bau dieser Bahnen in städtischer Regie und bittet daher um Ablehnung der zahlreichen Konzessionsgesuche.
Noch im gleichen Jahr, im August 1898, erließ die preußische Regierung eine Ausführungsanweisung, in der die verwaltungstechnische Handhabung in Fragen des öffentlichen Nahverkehrs den neuen großstädtischen Verhältnissen angepaßt wurde. Die starre Unterscheidung von Kleinbahn und Straßenbahn wurde für Großstädte wie Frankfurt in den umständlich zusammengesetzten Rechtstitel der nebenbahnähnlichen Kleinbahn umformuliert. An der Genehmigungspflicht der Straßenbahnlinien durch den Regierungspräsidenten änderte sich allerdings nichts.
Die Kommunalisierung der Frankfurter Trambahnen wurde für 1898 geplant. Die Gestaltung des Verkehrswesens stand im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussionen. Bevölkerungswachstum einerseits und das städtebauliche Leitbild der "weiträumigen Bauweise" andererseits, so der Magistratsantrag, hätten die Expansion der Großstädte bewirkt und "das Bedürfnis wachgerufen, Verkehrsmittel zu schaffen, die schnell und billig innerhalb des sich weiter und weiter ausdehnenden Gebietes der Stadt und der Vororte befördern". Man erwarte in naher Zukunft eine zunehmende Bautätigkeit in den Vorortgemeinden. Die Bauentwicklung verlaufe entlang Frankfurts Ausfallstraßen. Diese vermittelten zwar noch das Bild von Landstraßen im wörtlichen Sinne, würden bald aber zu großstädtischen Straßen sich entwickeln müssen.
Im Februar 1898 wurden erste Sondierungsgespräche geführt. In Anwesenheit des Regierungspräsidenten und den Landräten der Vorortgemein den legte Adickes seine Planungsabsichten dar. Man verständigte sich dahingehend, daß der Magistrat Frankfurts sämtliche Konzessionsrechte für die infrastrukturelle Anbindung der Vororte an die Mainmetropole beantragen solle. Inhaltliche Planungsentwürfe lagen bereits wenige Wochen später vor. Folgende Linienführungen (Straßenbahnen) hatte er in Aussicht gestellt:


1. Die Linie Gutleutstraße - Griesheim (1930 realisiert) mit Verlängerung nach Nied (1935 realisiert) und Höchst (1952 realisiert).
2. Galluswarte - Mainzer Landstraße (1902 realisiert) bis Höchst
3. Straßenbahn zwischen Rödelheim - Sossenheim - Höchst
4. Linie Bockenheim (Schloßstraße) - Hausen und Praunheim (Schönhof-Praunheim 1913 realisiert)
5. Bockenheim - Ginnheim (1911/14 realisiert)
6. Frankfurter Friedhof nach Eckenheim (1907 realisiert) und Preungesheim (1911 realisiert).
7. Friedberger Landstraße - Preungesheim
8. Friedberger Landstraße - Seckbach (Saalburgstraße - Seckbach 1905 realisiert)
9. Darmstädter Landstraße - Isenburg - Sprendlingen
10. Hanauer Landstraße - Mainkur - Fechenheim - Offenbach
11. Eckenheim - Ginnheim (Rödelheim - Ginnheim 1911 realisiert)
12. Eschersheimer Landstraße - Ginnheim (Linie nach Eschersheim und Heddernheim 1908 realisiert)

Diese Linien sollten mit dem noch anzulegenden Schnellbahnnetz von Kleinbahnen, die in die Region führten, in verkehrstechnischen Zusammenhang gebracht werden. Ein Planentwurf war auch hierfür schon ausgearbeitet:

1. Frankfurt - Bockenheim - Ginnheim - Heddernheim - Niederursel - Oberursel
2. Frankfurt - Sossenheim, mit eventl. Fortsetzung nach Königstein und Falkenstein
3. Frankfurt - Rödelheim - Praunheim - Niederursel
4. Frankfurt (Friedberger Landstraße) - Heiligenstock - Bergen und Abzweig nach Vilbel
5. Frankfurt (Hanauer Landstraße) - Mainufer - Offenbach

Die Planungsschwerpunkte sind deutlich zu erkennen: Das Stadtwachstum des Wilhelminischen Frankfurt war nach Westen vorgesehen. Adickes' Planungsvorstellungen waren langfristig angelegt, denn die Eingemeindungen von Höchst, Sossenheim, Zeilsheim, Sindlingen, Schwanheim, Unterliederbach, Griesheim und Fechenheim wurden erst 1928 Realität.
Bockenheim und Ginnheim waren als dezentrale Verteiler des öffentlichen Nahverkehrs vorgesehen. Die Anbindung der Vororte war über die Ausfallstraßen Friedberger, Mainzer, Eckenheimer, Darmstädter und Hanauer Landstraße geplant. Hierfür wäre die Verbreiterungen dieser Straßenzüge Grundvoraussetzung gewesen. Doch die kommunalen Interventions- und Ordnungsmittel waren unzureichend; deshalb blieb vieles Planungsabsicht. Adickes' Vorstellungen von 1898 waren kühn und trugen in nicht geringem Maße dazu bei, daß Bewohner der Vororte den Anschluß ihrer Gemeinde an das großstädtische Straßenbahnnetz kurzfristig erwarteten. So richteten auch Heddernheimer und Ginnheimer eine Petition (10.2.1899) an den Magistrat, er möge die entsprechenden Planungen vornehmen lasse, damit auch sie ihre elektrische Straßenbahn bekämen. In der Frankfurter Zeitung war zu lesen: Während in früheren Zeiten sich die ländliche Bevölkerung allen Bahnbauten gegenüber sehr zurückhaltend, ja feindlich verhielt, scheint sich neuerdings ein Umschwung ins andere Extrem geltend zu machen. Man schwärmt plötzlich für Kleinbahnen und je ärmer die Kreise sind, desto größere Hoffnungen setzen sie in mystischer Überschwänglichkeit auf die"neue Bahn", mit deren Eröffnung ein Aufschwung von märchenhaftem Glanz beginnen werde.
Vierzehn innerstädtische Linien mit einer Betriebslänge von annähernd 60km waren zum 1.1.1898 übernommen worden. Gut ein Jahr später fuhr die erste elektrische Bahn, 1904 wurde die letzte Pferdebahnlinie eingestellt. Das Faszinosum der modernisierten, elektrisch angetriebenen Straßenbahn löste kaum kontroverse Diskussionen im Stadtparlament aus. Verkehrstechnologie und die zunehmende Entwicklung der Verräumlichung von Zeit trieben Fortschritt und Wirtschaftswachstum voran, schufen andererseits aber auch Sachzwänge, - doch so schnell war das Altbewährte nicht abzustreifen....

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