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Aus : „Vom Saalbau zu den Bürgerhäusen" von Hans-Otto Schembs, 1989

Umbau und Untergang des Saalbaus

...Seit 1926 bestanden für den Saalbau besondere Benutzungsbeschränkungen aufgrund eingehender örtlicher Prüfungen durch den Regierungspräsidenten und den Polizeipräsidenten, durch die Feuerwehr und die Baupolizei. So war die gleichzeitige Benutzung des Kleinen und des Großen Saals verboten, so mußte der Bankettsaal als Garderobe hinzugezogen werden; bei Vorträgen und Versammlungen durfte nur eine beschränkte Zahl von Eintrittskarten ausgegeben werden, Vereinsveranstaltungen mit Saalausschmückung und Schaustellungen mit bühnenmäßiger Ausstattung waren untersagt. Seit 1933 forderte der Regierungspräsident immer dringender weitgehende Umbauarbeiten: Verbesserung der Treppen, Vergrößerung der Kleiderablage, Neuverlegung der elektrischen Leitungen unter Putz, Schaffung gesundheitlich einwandfreier Aborteinrichtungen, Beseitigung feuersicherheitlicher Mängel, Verbesserung der Feuerlöscheinrichtungen, Beseitigung einer Notwohnung. Es drohte die Schließung des Saalbaus.
Die finanziellen Aufwendungen für einen Umbau überstiegen die Kapitalkraft der Saalbau-AG. Trotz starker Benutzung der Räume konnte sich die Saalbau-AG nie allzu großer Überschüsse erfreuen. Trotz sparsamer Haushaltsführung und ehrenamtlicher Verwaltung deckten die Einnahmen meist nur die laufenden Ausgaben: Mäzene gab es keine mehr.
Daher gingen gemäß Vertrag vom 19. Dezember 1934 zwischen der Saalbau-AG, der Museumsgesellschaft, der Volksbildungsheim GmbH und der Stadt rund 87% des Aktienkapitals der Saalbau-AG an die Volksbildungsheim GmbH über. Die Museumsgesellschaft erhielt das Recht des Rückerwerbs. Die Volksbildungsheim GmbH war 1919 gegründet worden. Ihre Gesellschafter waren die Stadt Frankfurt, der Ausschuß für Volksvorlesungen, die Volksbibliothek und die Gesellschaft für Wohlfahrtseinrichtungen. Sie hatte zur Aufgabe, das von der Stadt erworbene Haus des Kaufmännischen Vereins zu Zwecken der Volksbildung im weitesten Sinne des Wortes zu »ermieten« und zu »verwerten«. Zum 2. Dezember 1935 wurde die Volksbildungsheim GmbH aufgelöst bzw. nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften derart umgewandelt, daß ihr Vermögen und ihre Verpflichtungen an die Stadt übergingen. Mit dieser Umwandlung der Volksbildungsheim GmbH ging ihre Beteiligung an der Saalbau AG unmittelbar an die Stadt über....

Da in absehbarer Zeit wegen Material- und Personalmangel mit dem Wiederaufbau unseres Saalbaus nicht gerechnet werden kann ...

Von der Saalbau-Aktiengesellschaft zur Saalbau GmbH

Versuche des Wiederaufbaus

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bot der Saalbau einen traurigen Anblick, der allerdings nicht ganz ohne Hoffnung zu sein schien. Vom Hauptgebäude standen im wesentlichen noch die Erdgeschoß-Umfassungsmauern. Das Mauerwerk des Obergeschosses war mit Ausnahme eines Teiles in der Schlesingergasse eingestürzt. Erhalten waren die massiven Treppenkonstruktionen, ebenso Subkonstruktionen, Pfeiler und Gurtbögen für den Fußboden des Großen Saales sowie das kleine Südtreppenhaus und zum Teil das Treppenhaus zur Nordgalerie. Ostgiebel und Haupttreppenhaus mußten wegen Einsturzgefahr abgerissen werden, die Südwand stand frei. Vom Straßenübergangsbau war die Bogen- und Säulenkonstruktion erhalten, sie wies lediglich Risse und Putzschäden durch Luftdruckwirkung auf. Auch die Außenwände des Bankettsaales standen noch, nur das Dach war durch Brand zerstört. Die Außenwände und Treppenhäuser des Kleinen Saalbaus waren fast erhalten, sie wiesen nur Luftdruckschäden auf; Dachwerk und alle Decken, Emporen und deren Zugänge bestanden nicht mehr.
Die amerikanische Militärregierung errechnete damals die Kosten für einen Wiederaufbau des Saalbaus, für den man einen Zerstörungsgrad von 60% annahm, auf 1.650.000 RM. Sie stellte ein genaues Verzeichnis des benötigten Baumaterials auf und setzte eine Wiederaufbauzeit für den Großen Saal, für das Dach und für den Innenausbau von zwei Jahren mit 80 Arbeitern an. Im April 1946 stellte dagegen der Architekt Josseaux für die Museumsgesellschaft einen Wiederherstellungspreis von 2.320.000 RM fest, zu denen noch die Wiederbeschaffungskosten der zerstörten Einrichtungsgegenstände in Höhe von 116.500 RM, darunter die Orgel für 50.000 RM kämen. Von den Wiederherstellungskosten könnten 120.000 RM in Abzug gebracht werden für die damals noch erhaltenen Gebäudeteile: für den Keller mit den technischen Einrichtungen (Heizung, Entlüftung, sanitäre Anlagen), für fast das gesamte Erdgeschoß, für die Straßenüberbrückung und die Umfassungswände des Bankettsaales und des Kleinen Saales. Zugrunde gelegt wurde ein umbauter Raum von 58.000 cbm und ein Wiederherstellungspreis von 40 RM pro cbm. Am 12. Juli 1946 teilte die Saalbau-AG, die damals im Scholdererweg residierte (in der Wohnungvon Herrn Hollstein, Amtmann beim damaligen Rechneiamt, der heutigen Stadtkämmerei), dem Schädenamt mit: »Da in absehbarer Zeit wegen Material- und Personalmangel mit dem Wiederaufbau unseres Saalbaus nicht gerechnet werden kann, werden die teilweise stehengebliebenen Umfassungsmauern und die Kellerräume ebenfalls verfallen und für einen späteren Wiederaufbau unbrauchbar sein, so daß ein Totalschaden angenommen werden muß.«
Auf den Grundlagen, nach denen auch die Schäden an den städtischen Gebäuden berechnet wurden, errechnete im Oktober 1946 Baurat Dipl.-Ing. Paul Kämpf den Gebäudewert des Saalbaus unter Berücksichtigung der Erbauungszeit im Jahre 1876 (!) und des Umbaus 1936 sowie einer voraussichtlichen wirtschaftlichen Restnutzungsdauer von 50 Jahren auf 1.155.000 RM. Es wurde jetzt eine Beschädigungsziffer von 77% angenommen.
Zwei Räume des Erdgeschosses im Kleinen Saalbau mit Flur und Nebenräumen waren zu Bürozwecken vermietet. Die »Saalbau-Garagen« vom Haus Junghofstraße 15-17 hatten die Kellerräume des Hauptgebäudes des Saalbaus gemietet. Im Juni/Juli 1949 nahm man Aufräumungsarbeiten vor; es wurde die Verbindungsbrücke abgerissen. In der Presse fand dies einen wenig liebevollen Kommentar, was uns gerade heute merkwürdig berührt: »Man wird dem keineswegs wertvollen Stück architektonischer Leistung des vorigen Jahrhunderts nicht sehr nachtrauern, aber sie war doch ein charakteristisches Merkmal der Junghofstraße.« Dem alten Frankfurter, so heißt es weiter, werde beim Blick vom Roßmarkt zu den Anlagen nun etwas fehlen, aber auch an die Leere werde er sich gewöhnen.

Volksbildungsheim

Nachdem der Wiederaufbau des Saalbaus nicht zu realisieren war, suchte man nach neuen Lösungen für die Saalbau-AG. Um 1950, als sich die Pläne einer Bundeshauptstadt Frankfurt zerschlagen hatten, dachte man daran, die ehemalige Pädagogische Akademie an der Bertramswiese nebst dem dort 1948 von Gerhard Weber als Parlamentssaal erbauten Rundbau als neuen »Saalbau« der Saalbau-AG einzurichten. Doch das gesamte Areal mit dem Rundbau erhielt dann 1951 der Hessische Rundfunk. Bald darauf wurde von Dr. Fried Lübbecke und anderen für einen Wiederaufbau des Opernhauses als Konzerthaus, als neuen »Saalbau«, geworben. Aufgefordert von einem Mitglied des »Rettungsausschusses«, von Architekt Hermann Senf und vom Bund tätiger Altstadtfreunde erstellte dafür Prof. Gerhard Weber 1954 Pläne. Aber auch dieser Versuch scheiterte damals.
Die Saalbau-AG stellte 1951 in einer Hauptversammlung ihr Grundkapital von 198.300 RM im Verhältnis 5 : 1 auf 39.660 DM um. Das Vermögen der Gesellschaft bestand im wesentlichen aus dem völlig zerstörten Saalbau. Der Vermögensrest von 6.251 DM wurde der gesetzlichen Reserve zugeführt. Da nach dem DM-Bilanzgesetz das Mindestkapital für eine Aktiengesellschaft 50.000 DM betragen mußte, beschloß die Hauptversammlung eine Kapitalerhöhung um 68.000 auf 107.660 DM. Die Erhöhung erfolgte aus der Umwandlung jenes Darlehens der Stadt in Eigenkapital, das der Gesellschaft 1936 und 1937 zum Umbau des Saalbaus gewährt und am Währungsstichtag 10 : 1 auf 68.000 DM umgestellt worden war.
Da die Aufgabe der Saalbau-AG weiterhin die Bereitstellung von Konzert- und Vortragssälen war, bemühte sich die Gesellschaft, eine andere geeignete Liegenschaft zur Erreichung ihres Gesellschaftszweckes zu übernehmen. Am 4. Februar 1952 stimmte der Aufsichtsrat der Saalbau-AG dem Verkauf des Grundstücks in der Junghofstraße an die Stadt Frankfurt zu (2.209 qm abzüglich 950 qm Straßenverbreiterung für 135.000 DM), die es weiterverkaufte an die Hessische Landesbank im Rahmen ihrer Bestrebungen, dort in dieser Gegend die Bankinstitute zu konzentrieren. Damit sei die schon lange gehegte Absicht, den Saalbau nicht wieder aufzubauen, endgültig bestätigt worden, meinte die Presse. Die Saalbau-AG dagegen erwarb das »Volksbildungsheim« am Eschenheimer Turm (1.447 qm für 225.000 DM), das nur teilzerstört war, so daß ein Wiederaufbau sich rascher realisieren ließ. Damit rückte in greifbare Nähe, daß die Saalbau-AG ihre satzungsgemäße Aufgabe wieder erfüllen konnte. Mit Vertrag vom 25. März 1952 wurde die Übereignung des Trümmergrundstücks in der Junghofstraße durch die Saalbau-AG an die Stadt vollzogen, gleichzeitig die des Volksbildungsheims an die Saalbau-AG.
Das Volksbildungsheim war am 1. Februar 1908 als Gesellschaftshaus des Kaufmännischen Vereins eröffnet worden. Der Verein hatte sich 1905 nach längeren Überlegungen entschlossen, sein Haus in der Lange Straße 26 zu verkaufen und die städtischen Bauplätze am Eschenheimer Turm zwischen Eschersheimer Landstraße und Oeder Weg zwecks Errichtung eines Neubaus zu erwerben. Nördlich angrenzend an dieses Grundstück stand bereits an der Eschersheimer Landstraße Nr. 4 der im April 1888 eröffnete Neubau des Hochschen Konservatoriums.
Das Haus des Kaufmännischen Vereins wurde nach den Plänen des Architekten Wilhelm Helfrich errichtet, der in den letzten Februartagen 1963 kurz vor der Eröffnung des Erweiterungsbaus des Volksbildungsheimes starb. Helfrich baute damals und auch in den zwanziger Jahren zahlreiche Villen im Westend, das »Haus der Kochkunst« am Main, das Parkhotel, die Brotfabrik im Osthafen, das Frankfurter Brauhaus, das »Hassel'sche Institut«. Die Fassade des Gesellschaftshauses des Kaufmännischen Vereins wurde als »einfach und prunklos, aber doch würdig und monumental« bezeichnet.
Im Haus des Kaufmännischen Vereins befanden sich ein größeres öffentliches Restaurant, ein Café, mehrere große Läden, zwei asphaltierte Kegelbahnen (im Keller); zur Eschersheimer Landstraße hin lagen die Vereinsbibliothek und - im Entresol - ein schön geschmücktes Vestibül. Auf der anderen Seite erstreckten sich die Büroräume, die durch eine Galerie mit Glasverschalung vom Schalter- und Warteraum für das Publikum getrennt waren; Krankenkasse, Stellenvermittlung und Geschäftsleitung hatten ihre eigenen Abteile. Anschließend an das Sprechzimmer des Vorsitzenden befanden sich die Klubräume, zu denen ein hoher Speisesaal mit 150 Sitzplätzen, zwei Lesezimmer, zwei Spielzimmer, ein Schreibzimmer sowie ein Billardraum gehörten. Im Galeriestockwerk lagen ein Diskussionszimmer, das Vorstandszimmer und ein Lehrlingsheim. Kernstück des Hauses waren der große Saal für 1400 Personen und der kleine Saal für 300 Personen, der bei größeren Veranstaltungen, bei Bällen und Festen, mit dem großen zusammen benutzt werden konnte.
Der Kaufmännische Verein wurde schon vor dem Ersten Weltkrieg aufgelöst. So diente das Gebäude am Eschenheimer Turm während des Krieges als Lazarett. 1918 stand es zum Verkauf, und die Stadt erwarb es für 1,6 Millionen Mark. Im Jahre 1919 ging es mit Hilfe öffentlicher Zuwendungen und privater Spenden in den Besitz des Ausschusses für Volksvorlesungen (Bund für Volksbildung) über, der damit endlich ein eigenes Heim erhielt. Am 5. Oktober 1919 wurde das »Volksbildungsheim«, wie das Gesellschaftshaus des Kaufmännischen Vereins nun hieß, eröffnet.
Die Volksbildung war eng mit dem gesellschaftlichen Strukturwandel verbunden, der sich im vergangenen Jahrhundert im Zusammenhang mit der Industrialisierung vollzogen hatte. Eine der Wurzeln der Entstehung der Volksbildung waren die Arbeiterbildungsvereine, von denen wir bereits bei Veranstaltungen im Saalbau sprachen. Mit diesen Vereinen wollte das liberale Bürgertum durch Popularisierung der Wissenschaft die neuen Schichten in das bestehende Gesellschaftssystem einfügen. Die christlich-soziale Bewegung versuchte mit ihnen durch Einfügung der Arbeiter in die Gesellschaft deren christlichen Glauben und Zugehörigkeit zur Kirche zu erhalten. Der Sozialismus sah in den Arbeiterbildungsvereinen ein Mittel zu seiner gesellschaftlichen Durchsetzung und Anerkennung. 1890 hatten sich einige fortschrittliche Männer aus Kreisen des liberalen Bürgertums und der sozialistischen Bewegung, insbesondere der Gewerkschaften, zusammengetan und den »Ausschuß für Volksvorlesungen« gegründet. Sein Ziel war, allgemein verständliche und jedermann frei zugängliche Vorträge abzuhalten. Zu den führenden Köpfen gehörten der Sozialpolitiker Stadtrat Dr. Karl Flesch, Arbeiterführer Ludwig Opificius, der Direktor der Gold- und Silberscheideanstalt Stadtverordneter Prof. Heinrich Rössler sowie der Bankier und Philanthrop Charles Hallgarten. In der unentgeltlich zur Verfügung gestellten Stadthalle (Kirche des ehemaligen Dominikanerklosters) fanden im ersten Jahr des Bestehens 12 Vorträge statt, die von durchschnittlich 650 Personen, überwiegend Arbeitern, besucht wurden.
Die Tätigkeit des Ausschusses für Volksvorlesungen wurde zunehmend umfangreicher. Auch die Sozialdemokratische Partei und die Gewerkschaften orientierten bzw. beteiligten sich an seiner Arbeit und verzichteten fast völlig auf eine eigene Bildungsarbeit, die sie nach dem Fall der Sozialistengesetze zunächst durchgeführt hatten. Am 28. November 1890 hatte sich auch ein »Comité« zur Veranstaltung unentgeltlicher volkstümlicher Vorträge in einem Aufruf an das Freie Deutsche Hochstift mit der Bitte um helfende Unterstützung gewandt. 1894 gab der Ausschuß für Volksvorlesungen die ersten Volksvorstellungen im Opernhaus und im Schauspielhaus. 1897 begannen Volkskunstabende sowie Kammermusikabende mit vielen bedeutenden Künstlern und schlossen sich die in den neunziger Jahren in der näheren und weiteren Umgebung von Frankfurt entstandenen Volksbildungsvereine zum Rhein-Mainischen Verband für Volksvorlesungen zusammen, der ein ständiges Büro in Frankfurt unterhielt. 1905 gründete dieser Verband das Rhein-Mainische Verbandstheater, das später als »Frankfurter Künstlertheater für Rhein und Main« eine große kulturelle Leistung vollbrachte. 1910 erhielt das Theater eine Heimstätte im Haus des Kaufmännischen Vereins am Eschenheimer Turm.
Die Geschäftsstelle des Ausschusses für Volksvorlesungen, der seit 1906 unter der Leitung des Geschäftsführers Wilhelm Epstein (geboren 1860 in Leipzig) zu einer bedeutenden Institution wurde, befand sich im Haus An der Schmidtstube 7, seit 1907 im alten Senckenbergianum in der Stiftstraße, wo auch die Lehrmittelsammlung untergebrachtwar und die Lehrgänge des Ausschusses stattfanden. Vorlesungen fanden in verschiedenen Sälen statt, zum Beispiel im Volkshaus Bockenheim, das die Stadt zur Verfügung stellte, oder in Gasthausräumen im Westend, in Sachsenhausen und in den Vororten.
Als 1914 das Senckenbergianum abgerissen wurde, zog die Geschäftsstelle in die Alte Börse am Paulsplatz um, in deren Saal auch Vorlesungen stattfanden. Zu dieser Zeit nahm der Bau eines eigenen »Volksbildungsheimes« konkretere Formen an. Für einen geeigneten Standort hielt man das Gelände zwischen der Eisenbahndirektion und der Festhalle, man dachte sogar an eine Verbindung mit der Festhalle sowie an einen Anschluß an deren Kesselanlage, die auch für ein auf dem Hintergelände des Volksbildungsheimes unterzubringendes Schwimmbad genutzt werden könnte. Prof. von Thiersch, der Erbauer der Festhalle, sah keine Gefahr für dieses Gebäude, und man hatte ihn als Mitglied des Preisgerichtes im geplanten Architektenwettbewerb vorgesehen. Als Grundstock für das auf zwei Millionen Mark veranschlagte Volksbildungsheim hatte die Stadt bereits 400.000 Mark gestiftet, von privater Seite waren 115.000 Mark hinzugefügt worden.
Der Erste Weltkrieg ließ auch dieses Projekt scheitern. So übernahm, wie bereits geschildert, der Ausschuß für Volksvorlesungen 1919 das Gebäude des ehemaligen Kaufmännischen Vereins, wo er eine segensreiche Wirksamkeit entfaltete. 1920 wurde der Ausschuß umbenannt in Bund für Volksbildung. Viele Veranstaltungen im Volksbildungsheim blieben noch viele Jahrzehnte lang in der Erinnerung der Besucher lebendig. So sprach 1921 im Großen Saal des Volksbildungsheims Walter Rathenau; unter den Zuhörern war ein Student namens Erwin Kern, der 1922 Walter Rathenau ermordete. Beliebt waren die Volkskunstabende, bei denen Else Gentner-Fischer sang, Carl Ebert rezitierte, Fritz von Unruh aus seinen Werken las - unter einer alten, trauten Stehlampe mit resedagrünem Schirm -, Paul Hindemith mit dem Amar-Quartett seine Kompositionen spielte und zu Diskussionen anregte. Der Orchesterverein gab seine Volkskonzerte, über die wir schon berichteten.
1933 erfolgten die »Gleichschaltung« des Bundes für Volksbildung durch die Nationalsozialisten und die Entlassung des Vorstandes, 1936 die Auflösung des Bundes. Im Volksbildungsheim, der »Volksbildungsstätte Stadtmitte«, fanden während der nationalsozialistischen Zeit die Veranstaltungen der NS-Gemeinschaft »Kraft durch Freude« (Abt. Deutsches Volksbildungswerk/Kreis Groß-Frankfurt) statt: meist Vorträge, auch Sprachkurse, Kulturfilmvorführungen, Arbeitskreise, Musikkurse.
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg begann Carl Tesch zusammen mit Else Epstein den Bund für Volksbildung wieder ins Leben zu rufen. Else Epstein war die Tochter des Reichsbankdirektors Beling und die Witwe des im Februar 1941 verstorbenen und somit von der Verfolgung verschont gebliebenen Wilhelm Epstein. Sie hatte die Nazi-Zeit überlebt. Unterstützt wurden Carl Tesch und Else Epstein beim Wiedereinrichten des Bundes im besonderen von Rundfunkintendant Eberhard Beckmann, dem künftigen Vorsitzenden des Bundes, und von Stadtverordnetenvorsteher Hermann Schaub, dem späteren Direktor des Landeswohlfahrtsverbandes und Vorsitzenden des Bundes bis 1954. Die früheren Arbeitsgebiete wurden neu entwickelt und zum Teil erweitert. Es gab die Volkshochschule, die Volksbühne (seit 1948), die Landesbühne (seit 1953). Als neue Aufgaben kamen hinzu die Altenbetreuung, Freizeit-Klubs, Wohnberatung, der Stadtfilmdienst, die Frankfurter Singgemeinschaft.
Im Volksbildungsheim befanden sich im Jahre 1950 im Gebäudeteil am Oeder Weg im Erdgeschoß die Volksbücherei und am Eschenheimer Tor die Gaststätte Weil, im 1. Stock hatte der Bund für Volksbildung seine Büros. Da das Dach fehlte, also Feuchtigkeit eindrang, außerdem Trümmer auf den Decken lagen, beschloß man am 4. April 1950, das Dach über Saal und Westflügel herzustellen, und zwar als einfaches Satteldach statt des Mansarddachs. Der weitere Ausbau sollte nach Regelung der Finanzen folgen. 1951 hieß es, daß der Ausbau erneut verschoben werden müsse, bei der steigenden Entwicklung der Volksbildungsarbeit aber notwendig sei.
Der Wiederaufbau des Volksbildungsheimes erfolgte nach dem Erwerb des Gebäudes durch die Saalbau-AG. Nachdem am 6. März 1953 die Stadtverordnetenversammlung der Saalbau-AG ein 2,5-Millionen-Darlehen zum Wiederaufbau gebilligt hatte, konnte im Frühjahr 1953 mit dem Aufbau begonnen werden. Bereits am Freitag, dem 18. Dezember 1953, erfolgte die Wiedereröffnung des Volksbildungsheimes. Es sprachen Stadtrat i. R. Rudolf Keller als ältestes Vorstandsmitglied der Saalbau-AG, ferner Oberbürgermeister Walter Kolb, Hermann Schaub vom Bund für Volksbildung sowie der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung Arno Hennig. Vollendet war das Gebäude im April 1954.
Der Wiederaufbau war nach den Plänen der Architekten Wagner und Leidin erfolgt, die den alten Grundriß kaum veränderten, da die Fundamente des alten Gebäudes, die Mauern und z. T. auch die Trägerkonstruktionen noch gut erhalten waren. Die Frankfurter Aufbau-AG hatte einen großen Saal mit rund 1.000 Plätzen und drei kleine Säle mit je 180 Plätzen erstellt, von denen einer ständig dem Bund für Volksbildung zur Verfügung stand. Außerdem waren Räumlichkeiten für die Hauptstelle der städtischen Volksbücherei und für den Frankfurter Bund für Volksbildung Unterrichts-, Werk- und Büroräume geschaffen worden.
So ergab sich für die Saalbau-AG mit der Verwaltung des Volksbildungsheimes eine Tätigkeit, die ihre traditionellen Aufgaben mit zeitgemäßen verband.
Das Volksbildungsheim war, dies ist verständlich, kein gleichwertiger Ersatz für die ehemaligen Säle im Saalbau. Auch die anderen Säle im Nachkriegs-Frankfurt müssen als Provisorien bezeichnet werden. Man hatte sich anfänglich mit der Aula der Universität und mit Lichtspieltheatern beholfen.
Die Museumsgesellschaft gab ihre zehn Konzerte 1945/46 im Börsensaal, im Palmengarten und im Turmpalast, 1952 fand sie wenigstens für ihre berühmten Konzerte im Großen Haus der Städtischen Bühnen (in der Oper), dem wiederhergestellten alten Schauspielhaus, ein Unterkommen. Außerdem schufen der Hessische Rundfunk und ein Geldinstitut in ihren Bauten Konzertsäle.
Im Großen Saal des Volksbildungsheimes fanden z. B. die Konzerte der Frankfurter Kunstgemeinde statt, in denen damals junge, heute weltbekannte Künstler vorgestellt wurden. Diese Organisation war 1948 von Walter Bernhard, Georg Stökker, Dr. Schimikowsky und Dr. Georg Kuhlmann gegründet worden. Walter Bernhard wurde damals Geschäftsführer der Kunstgemeinde, und er war von 1984 bis zu seiner Pensionierung 1987 Leiter der Abteilung Volksbühne des Frankfurter Bundes für Volksbildung. Mit dem Bau der Bürgerhäuser wandte sich die Kunstgemeinde auch Tourneetheater-Gastspielen zu, im Haus Dornbusch richtete sie eine Kammermusikreihe ein, getragen von Mitgliedern der beiden großen Frankfurter Orchester. 1969/70 zog die Kunstgemeinde mit ihren Konzerten vom Volksbildungsheim in den Saal der Städtischen Bühnen, 1981 in die Alte Oper.
Im Volksbildungsheim fanden in den ersten Nachkriegsjahren die Veranstaltungen der Landesbühne Rhein-Main statt, Konzerte verschiedener Konzertdirektionen, Weihnachtsfeiern Frankfurter Firmen, Jazzkonzerte, die Volksbühnenkonzerte, die Konzerte der Rheinischen Philharmonie, Bälle. Im Kleinen Saal gab es Vorträge, aber auch Konzerte und Puppenspiele.

Philanthropin

Im Mai 1987 wurde der Bürgertreff im Philanthropin in der Hebelstraße 15-17 (im Nordend) der Öffentlichkeit vorgestellt. Außer vier Klubräumen und dem Großen Saal (300 Plätze) im Erdgeschoß sowie dem Multiphonraum im Untergeschoß gibt es sechs Klubräume im ehemaligen Wohnhaus (vier davon an den Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe vermietet). Das Gebäude, 1908 nach den Plänen von Georg Matzdorf und Ernst Hiller erbaut, beherbergte bis 1942 - bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten - die bedeutende Schule der Israelitischen Gemeinde. Die Jüdische Gemeinde hatte das Gebäude im Jahre 1979 an die Stadt verkauft, die es in Erbpacht an die FAAG weitergab. Die FAAG vermietete es weiter an das Hochsche Konservatorium und an die Saalbau GmbH. Bis zur Fertigstellung ihres neuen Gemeindezentrums im Westend 1986 hatte die Jüdische Gemeinde noch Nutzungsrecht. 1500 qm stehen den Bürgern, vorwiegend den Vereinen zur Verfügung. In die drei oberen Geschosse zog das Hochsche Konservatorium ein, was sich durch einen Brand des Dachstuhls am 27. Dezember 1987 verzögert hatte.
Im Foyer und im Hauptgang informiert eine Dauerausstellung (eröffnet am 26. Mai 1988) über den Bau und über die Geistesgeschichte der Philantropin.

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