...In Ergänzung der hauptsächlich wegen ihres Selbstreinigungseffektes ausgeführten Schwemmkanalisation erhielt das Kanalsystem an drei Stellen unterirdische Spülbehälter aus zwei parallel zu dem Kanal unter ihm liegenden Röhren von ca. 1,30 Meter Durchmesser, die ursprünglich das Wasser aus natürlichen Bächen und Gräben sammelten, mit weiterer Ausdehnung der Bebauung aber ihr Wasser aus dem städtischen Versorgungsnetz erhielten. Mit Hilfe des aufgestauten Wassers in den Spülbehältern sollten nicht endgültig auszuschließende Schlammablagerungen, vor allem in den Endkanälen und Hochpunkten, entfernt werden. Nach dem Öffnen des Spülschiebers floß das Wasser durch die Abfangkanäle talabwärts, an den Abzweigen in der Fließrichtung steuerbar durch zwei eingebaute Schieber, die in das nächste tiefergelegene Abfanggebiet überleiteten, die Spülung erfolgte auf diese Weise terrassenförmig von oben nach unten.
Ein Behälter befand sich an der Bornheimer Landstraße, die bis zum Jahre 1893 die nördliche Grenze des bebauten Stadtgebietes vor der „Dikken Oed“ bildete. Mit einem Fassungsvermögen von 470 cbm war er der größte, mit 390 cbm folgte der Behälter an der Hanauer Landstraße, Ecke Sonnemannstraße, ein wesentlich kleinerer mit 155 cbm lag zur Spülung des tiefliegenden Westends unter der Kreuzung Beethoven- und Westendstraße. Von der Gießwasserleitung gespeist anstatt aus dem Kettenhofgraben, war er um die Jahrhundertwende noch ständig in Gebrauch...
Wenn auch die regelmäßige Spülung die dauerhafte Ablagerung von Sinkstoffen verhinderte und damit auch die Bildung von Faulgasen im Kanalnetz weitgehend ausgeschlossen schien, gab es doch zahlreiche Lüftungsrohre, die vom Kanalscheitel zur Straßenfläche führten. Gleiche Wirkung erzielten die Fallrohre der Hausentwässerung. Speziell für die Winterlüftung waren Kamine gedacht, die an den Hochpunkten des Kanalnetzes die warme Kanalluft in einer Höhe austreten ließen, die eine Belästigung der zugehörigen Stadtteile ausschloß.
Am unauffälligsten ließen sich die Lüftungskamine in den noch vorhandenen Wachtürmen der ehemaligen Landwehr unterbringen. So erhielt die Bockenheimer Warte als erste ein Lüftungsrohr, das im Kern des Turmes gleichzeitig die Spindel der Treppe bildete. Danach folgten 1885 der Umbau der Galluswarte, bis 1902 derjenige der Friedberger Warte und als letzter der der Sachsenhäuser Warte. Die Inbetriebnahme der Friedberger Warte als Lüftungsbauwerk hatte den Abbruch des einzigen echten Lüftungskamins als freistehendes Bauwerk zur Folge, der seit den frühen 80er Jahren an der platzartig erweiterten Westseite der Friedberger Landstraße in Höhe der Bornheimer Landstraße stand. Ein mit seiner halben Höhe ca. 3,0 Meter über Geländeniveau ragendes Sockelgeschoß auf oktogonalem Grundriß war in Doppelfunktion auch Zugang zu dem Spülbehälter des Kanalsystems. Aus dem Sockelgeschoß wuchs der Lüftungskamin, der sich von 2,50 Meter Durchmesser an der Basis auf 1,40 Meter an der Spitze verjüngte, auf etwa 31 Meter Höhe empor. Den Abschluß bildete ein aus Schmuckfriesen und Konsolgesims gemauerter Schornsteinkopf, dem ein gußeiserner Zieraufsatz ein minarettähnliches Aussehen verlieh. Als die Bebauung der „Dicken Oed“ die Verlängerung des Kanalnetzhochpunkts an die Friedberger Warte verlangte, verlor der Kamin seine Funktion und fiel, nachdem auch die Nachbarschaft sich über das nun beziehungslos zu seiner Umgebung stehende Bauwerk bei der Stadtverwaltung beschwert hatte, gleich zu Anfang unseres Jahrhunderts der Spitzhacke zum Opfer.
„Die Versorgung der Städte, selbst der kleineren, mit Wasser ist ein Bedürfniß, das in den letzten Jahren immer mehr hervortrat und dessen Befriedigung große Annehmlichkeiten aus Sanitäts-, Bequemlichkeits- und Feuersicherheitsrücksichten im Gefolge hat. Hat man eine hinreichende Menge unter Druck stehenden Wassers, so ist es leicht, Straßen und Promenaden vom Staub zu befreien, die Krankenhäuser lassen sich leicht mit frischen Bädern versehen, die Rinnsteine, deren entsetzlicher Gestank lästig und gesundheitsschädlich ist, können ausgespült werden. Dann sind Wasch- und Badeanstalten bequem und billig anzulegen, die auch den ärmeren Klassen wohlfeile Reinigung des Körpers und der Kleidung gestatten, und endlich ist das unter Druck stehende Wasser, abgesehen von der dadurch ermöglichten direkten Versorgung der Küchen, Zimmer und Waschküchen mit Wasser, von unberechenbarem Nutzen bei Feuergefahr.“
Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse könnte zu dem Schluß führen, das Dr. G. Otto Volger, Dozent für Geologie und Mineralogie an der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft und Gründer des Freien Deutschen Hochstifts, nur auf den Aufsatz des Ingenieurs Albert Lohse in der Oktobernummer der Zeitschrift für Bauhandwerk gewartet hätte, ehe er einen mit dem Senat ausgehandelten Vertrag über Wasserlieferungen an die Stadt Frankfurt a. M. am 5. Oktober 1865 unterzeichnete. Da aber die allgemeine Entwicklung der Städte, ihre territoriale und bevölkerungsmäßige Vergrößerüng die Wasserversorgung ganz allgemein zu einem Hauptproblem der Kommunen machte und sie deshalb vorrangig im öffentlichen Interesse stand, kam es wohl auch zu dem zeitlichen Zusammentreffen beider Ereignisse.
In diesem Jahr 1865 war allerdings die Wasserversorgung der Stadt Frankfurt a. M. schon mehr als ein halbes Jahrtausend urkundlich belegt. So war 1349 der „Born hinter St. Wendelin gemacht“ und für das Jahr 1401 wird die Anlage eines Brunnens auf dem Fischerfeld bezeugt, denen noch viele öffentliche Lauf- und Ziehbrunnen wie auch private Hausbrunnen nachfolgten, deren gesamte Kapazität jedoch schon im frühen 17. Jahrhundert dem Bedarf bei weitem nicht mehr genügte. Daraufhin wurden nach dem Beschluß einer eigens zum Zweck der Wasserbeschaffung einberufenen Baumeisterkommission die Quellen des Friedberger Feldes in Art einer Dränage neu gefaßt. Ihr Wasser floß anfänglich in bleiernen, später hölzernen und seit 1771 bereits in eisernen Röhren durch das Friedberger und Eschenheimer Tor und speiste die Brunnen der Stadt.
Mit einer Leistung von ca. 155 cbm pro Tag versorgten die Quellen mehr als 200 Jahre lang die Stadt ausreichend, bis das Hochlöbliche Bauamt dem Wege- und Brückenbauinspektor Philipp Jakob Hoffmann (Vater des Struwwelpeter-Hoffmann) den Auftrag erteilte, „gehorsamen gutachtlichen Bericht zu erstatten, ob — und auf welche Weise die hiesige Stadt mit reinem — zu jedem häuslichen Gebrauch dienlichem — Wasser in genügsamer Menge, mittels Anlegung einer neuen Röhrleitung, versehen werden könne.“
Auf das nach zweijähriger Prüfung dem Bauamt 1827 übergebene Gutachten folgte schon 1828 der Arbeitsbeginn an der Wasserfassung der neuerschlossenen Quellen des Knoblauchsfeldes, das sich westlich der heutigen Eckenheimer Landstraße zwischen Schwarzburg- und Falkensteiner Straße erstreckte. Aus vier überwölbten Brunnenkammern, durch einen begehbaren Kanal verbunden zu einer 1735 Fuß (493,781 Meter) langen Wassergalerie — die Quellen des Friedberger Feldes wurden in ebensolcher Weise gleichzeitig umgestaltet —‚ erhielten die 41 000 Einwohner Frankfurts ab 1834 täglich etwa 1500 cbm reinen Quellwassers. Insgesamt 17 000 Meter Versorgungsleitungen führten das Wasser von den beiden Verteilungskammern am Eschenheimer und Friedberger Tor, Endpunkte der Zubringerleitungen vom Knoblauchs- und Friedberger Feld, zu den 98 Pump- und 120 Röhrenbrunnen, 120 Feuerhydranten und ca. 300 Hauszapfventilen.
Für das „tägliche Bedürfniß eines Menschen ohne Rücksicht auf das Alter“ waren von Ph. J. Hoffmann zur Berechnung des Gesamtbedarfs 20,7 l Wasser pro Tag angenommen, die er als dauerhaft gültige Konstante sah, denn er hoffte bei gleichbleibendem Bevölkerungszuwachs von 10000 Einwohnern pro 100 Jahre „auf die gänzliche Entfernung aller Besorgnisse über Wassermangel auf Jahrhunderte hinaus...“ Die Praxis lehrte bald anderes, und akute Wasserknappheit durch Bevölkerungszuwachs zwang die Stadt, sich neue Quellen zu erschließen. Nach den vorher eingeholten Gutachten von Prof. Redtenbacher aus Karlsruhe und des Geheimen Oberbaurats Hagen aus Berlin begann am 16. Juni 1856 nach den Plänen des städtischen Ingenieurs Eckhardt, ausgeführt und überwacht durch den Ingenieur W. Ehrhardt, der Bau der Seehofwasserleitung, mit der das bislang von den Sachsenhäuser Gärtnern genutzte Wasser der Seehofquelle nach der Frankfurter Seite geführt wurde. Im Oktober 1858 war das Werk für 366 000 fl. beendet, und ab Dezember 1859 pumpten zwei Dampfmaschinen von je 28 PS täglich zwischen 1200 und 1900 cbm Wasser durch das neue Rohrnetz. Als Ersatz für die Seehofquellen errichtete die Stadt für den Gießwasserbedarf der Gärtnereien gleichzeitig ein wassergetriebenes Flußwasserpumpwerk an der Alten Brücke. Entgegen allen optimistischen Voraussagen reichte die Ergiebigkeit der Seehofquellen nicht aus, den Bedarf der Stadt zu decken. So entschloß sich der Senat am 7. Februar 1862, auf den Vorschlag des Geheimen Oberbaurats Hagen aus Berlin einzugehen und für die Versorgung das Wasser direkt dem Main zu entnehmen und vor Gebrauch in Sand-Langsamfiltern zu reinigen. Eine 1863 unter dem Vorsitz von Dr. Georg Varrentrapp einberufene Kommission mit dem Auftrag, Vorschläge für eine einheitliche, ausreichende Wasserversorgung zu erarbeiten, verschärfte mit ihrer ein Jahr später vorgelegten Denkschrift die Situation durch einen wesentlich höheren Bedarfsansatz von 138 l Wasser pro Person und Tag. Solch plötzlich hereingebrochenem Wassernotstand war durch Tröpfelmaßnahmen nicht beizukommen. Ein ernstes Anerbieten, durch die Erschließung der Grundwasserströme am Riederspieß Abhilfe zu schaffen, kam von Dr. G. O. Volger, und seine Annahme durch die Stadt im Vertrag vom 5. Oktober 1865 hatte auch das Konkurrenzunternehmen der Flußwasserentnahme des Geheimen Oberbaurats Hagen zu Fall gebracht. Doch der Dr. Volgersche Brunnen, 6,0 Meter im Durchmesser und 51,7 Meter tief abgeteuft, förderte mit zwei Dampfmaschinen von je 36 PS nur 800 bis 1200 cbm pro Tag und blieb damit weit hinter den in ihn gesetzten Erwartungen zurück.
Trotzdem erreichte Dr. Volger im Jahre 1881 durch Urteilsspruch des Obertribunals in Berlin die Ubernahme des unrentablen Brunnens durch die Stadt bei Zahlung eines Übernahmepreises von 251 000 Mark. Gleichzeitig legten der Chemiker Dr. August Josef Kerner und der Ingenieur Johann Peter Wilhelm Schmick den Entwurf einer Quellwasserleitung vom Vogelsberg und Spessart vor und boten damit erstmals die Möglichkeit, schon vor der Ausführung die nutzbaren Kapazitäten durch Messung zu bestimmen und dem Bedarf anzupassen. Hauptschwierigkeiten, die es zu überwinden galt, waren die Finanzierung der enormen Kosten eines solchen Unterfangens und die Genehmigung durch die Nachbarstaaten Bayern und Kurhessen, auf deren Gebieten die Quellen lagen. Am 20. März 1866 wurde durch Ratsbeschluß das Projekt in Gang gebracht, aber schon am 16. Juli des gleichen Jahres durch den Einmarsch preußischer Truppen vorerst wieder stillgelegt. Erst am 11. Juni 1869 bildete sich erneut ein „Comite zur Herstellung der Vogelsberg-Quellwasserleitung“, welches das Projekt auf der Grundlage des alten Vorschlages durch Ober-Ingenieur J. P. W. Schmick, nach vorheriger Prüfung durch Geheimrat Reuleaux, ausführungsreif planen ließ. Ein Jahr später konnte das Comite am 2. Mai 1870 dem Rat der Stadt mit der Bauplanung auch Vorschläge zur Finanzierung unterbreiten, nach denen der Rat entweder das Projekt gegen Erstattung der Auslagen ankaufen oder sich an einer für die Realisierung der Wasserleitung noch zu gründenden Aktiengesellschaft mit entsprechendem Einsatz beteiligen konnte. Nach kurzfristiger Prüfung durch eine Spezialkommission beschloß die Stadt am 10. Juni 1870, sich mit einem Drittel des Aktienkapitals von insgesamt 3 500 000 fl. an dem Unternehmen zu beteiligen und der Aktiengesellschaft eine vierprozentige Zinsgarantie durch die Stadtkasse zu gewähren. Von der umgehend ins Leben gerufenen Aktiengesellschaft wurden am 1. Juli 1870 die Quellenkaufverträge unterzeichnet, dem Ober-Ingenieur J. P. W. Schmick die Oberbauleitung übertragen und eine Ausschreibung des Projektes in General-Enterprise vorgenommen. Den Zuschlag erhielt die englische Firma J. & A. Aird in Berlin, die sich schon mit Großprojekten wie der Kanalisierung von Danzig 1869—1871 einen gewissen Ruf verschafft hatte, für die mit 2 500 000 fl. günstigste Offerte. Bei Beginn der Arbeiten stellte sich schon heraus, daß die projektierte Wassermenge, entsprechend der Zahl von 87 850 Einwohnern in 5330 Gebäuden, für 100 000 Einwohner mit 138 000 cbm pro Tag nach dem Ansatz von Dr. Varrentrapp berechnet, durch die tatsächlich vorhandene um ein Beträchtliches überschritten wurde. Differenzen mit dem Generalunternehmer führten im Oktober 1871 nach nur geringem Arbeitsfortschritt zur Auflösung des Vertrages mit der Firma J.& A. Aird. Den noch ausstehenden größeren Teil der Arbeiten ließ die Stadt in eigener Regie ausführen, ein Vorhaben, das erst nach halbjähriger Unterbrechung im März 1872 wieder aufgenommen werden konnte.
Von den beiden Quellfassungen des Biebertales und des Kasselgrundes im Spessart, die durch Stollen miteinander verbunden sind, führt eine gemeinsame Leitung auf den Aspenhainer Kopf, wo sie sich mit der vom Vogelsberg beim Dorfe Fischborn kommenden Zuleitung in einem Sammelbehälter vereinigt. Dieser besteht aus einem 10 mal 10 Meter großen, in der Grundform quadratischen Behälter, dessen Überwölbung sich gegen einen zentralen Einstiegsschacht stützt, der sich als oktogonaler Pavillon über das Terrain erhebt. Vom Aspenhainer Kopf verläuft die Leitung südlich des Büdinger Waldes, bis sie vor Langenselbold den Wasserturm auf der Abtshecke erreicht, der, ohne Speichergefäß ausgeführt, nur dem Druckausgleich innerhalb der Leitung dient. Von der Abtshecke führt die Quellwasserleitung ohne Unterbrechung bis in den Hochbehälter an der Friedberger Landstraße.
Ende 1872 waren die Arbeiten an dem Hochbehälter an der Friedberger Landstraße vollendet, in den erstmalig am 25. September 1873 Wasser aus der neuen Leitung einlief, nachdem auch der Gegenbehälter auf der Sachsenhäuser Seite am Hainerweg fertiggestellt war. Bis Mitte Mai 1873 folgten die Quellfassungen am Vogelsberg, und Ende des Monats waren auch die Arbeiten an der 65,879 km langen Zuleitung beendet, welche auf dem Weg nach Frankfurt elf Ortschaften und zwei Städte passieren mußte.
Im März 1872 hatte die Neuverlegung des Stadtröhrennetzes begonnen, welches bis zur Einweihung eine vorläufige Länge von 57,794 km erreichte. Darin enthalten waren 25 Teilkästen, 45 Ablaßvorrichtungen, 730 Hydranten und 400 Hausabzweigungen. Die Vogelsbergleitung wurde nach nur 20monatiger Bauzeit am 22. November 1873 durch den 35 Meter hohen Strahl einer Fontäne im Bethmannweiher vor einem Kreis illustrer Gäste eröffnet. Diese Vergeudung glaubten sich die Frankfurter angesichts der Leistung der Quelleitung von 10 500 cbm pro 24 Stunden —weitere 8400 cbm wurden noch aus dem Spessart erwartet — leisten zu können. Verantwortlich für die Durchführung des Projektes war J. P. W. Schmick, von dem auch der Entwurf stammte; die spezielle Bauleitung übten die Ingenieure C. Blecken und C. Friedrich aus, unterstützt durch weitere zwölf Ingenieure.
„Ein Umstand verdient als Kuriosum, das sich in der Folge auf deutschem Boden kaum noch wiederholen dürfte, jedenfalls Erwähnung. Obwohl der größte Theil der Zuleitungsröhren in die öffentlichen Wege und Straßenzüge hat gelegt werden können, so ist doch an vielen Stellen der Erwerb von Parzellen und Berechtigungen erforderlich geworden. Ebenfalls ergaben sich zahlreiche Entschädigungsansprüche wegen Wasserentziehung, die theils gerichtlich, theils außergerichtlich beglichen werden mußten. Der Umstand, dass die Leitung drei verschiedene Rechtsgebiete durchschneidet, dass die Anwendung des kurhessischen und bayrischen Expropriationsgesetzes auf ein Frankfurter Unternehmen selbst gerichtlicherseits bestritten wurde, ferner der schwankende Zustand der Rechtsprechung in den einzelnen Materien, endlich die Missgunst, welche dem Unternehmen partikularistische Kleingeisterei bereitete, dies alles machte und macht noch gegenwärtig die nothwendigen Vorverhandlungen zu einem der schwierigsten Theile der zu lösenden Aufgabe.“
Gegen alle Widerstände, vor allem den langsamen Fortgang der Enteignungsverfahren in Bayern, machte die Erschließung der Quellen des Kassel- und Biebergrundes im Spessart doch Fortschritte und war nach zwei weiteren Jahren am 8. Dezember 1875 vollendet. Mit dem Beitrag der Spessartleitung hatte sich die tägliche Wassermenge für Frankfurt auf 11000 cbm bis 18000 cbm je nach Niederschlagsverhältnissen erhöht. Hoher Aufwand beim Bau zweier Verbindungsstollen zwischen Kassel- und Biebergrund brachten die Aktiengesellschaft in finanzielle Schwierigkeiten, was 1876 zur Übernahme des gesamten Werkes durch die Stadt führte. Abgeschlossen war das Projekt der Quellwasserleitung mit der Erweiterung der Hochbehälter an der Friedberger Landstraße und dem Bau der zweiten Abteilung des „Gegenbehälters“ am Hainerweg in den Jahren 1878 bis 1879 unter der Leitung des Ingenieurs C. Friedrich, nunmehr Wasserwerksdirektor. Die sprunghafte Zunahme der Einwohnerzahl machte alle Hoffnungen auf eine ausreichende Wasserversorgung der Stadt schon bald wieder zunichte. Um 1875 war die der Berechnung der Quellwasserleitungskapazität zugrunde gelegte Einwohnerzahl von 100 000 Personen überschritten, die Jahre zwischen 1875 und 1880 brachten, verstärkt auch durch die Eingemeindung Bornheims im Jahre 1877, einen Zuwachs um 33 695 Einwohner, zwischen 1880 und 1885 waren es weitere 17 610 Personen, bis im Jahre 1900 schließlich 288 989 Menschen in der Stadt lebten.
Erste Hilfsmaßnahmen waren der Anschluß der alten Seehofs-Leitung und der Friedberger und Knoblauchsgalerie und selbst der des unergiebigen Riederspießbrunnens an die Quellwasserleitung. Ein neues Projekt zur Erschließung weiterer Quellen, im Jahre 1882 mit 2 318 000 Mark veranschlagt und von den städtischen Behörden befürwortet, scheiterte an den hohen Erwerbskosten und Entschädigungsansprüchen. Seit 1883 für die Wasserversorgung zuständig, suchte das städtische Tiefbauamt unter der Leitung W. H. Lindleys nach anderen Lösungen. Lindley vermutete in dem mehrere hundert Quadratkilometer großen Gebiet mainabwärts zwischen Frankfurt a. M. und dem Rhein, in dem sich keine nennenswerten sichtbaren Abflüsse befanden, das Vorhandensein eines Grundwasserstromes, in dem sich die Niederschlagsmengen aus dem Frankfurter Stadtwald und dem Mönchswald sammelten. Nach dem zufälligen Angraben des Wassers beim Aushub der Baugrube für die Kläranlage in Niederrad und Pumpversuchen im Stadtwald Ende 1884, die Lindleys Theorie bestätigten, empfahl dieser am 11. November 1884 mit dem „Bericht über die Möglichkeit der Ausdehnung der Wasserversorgung für Frankfurt am Main“ die Erschließung des Stadtwaldgrundwassers. Am 2. April 1885 lag die Planung vor, und schon am 15. April 1885 genehmigten die städtischen Behörden eine Summe von 500000 Mark für den ersten Bauabschnitt einer Grundwasser-Fassungsanlage „ Forsthaus“, die bereits am 16. Juli des Jahres mit ca. 7000 cbm Förderleistung den Betrieb aufnahm. Zwischen 1887/1888 und 1890/1894 entstanden zwei weitere Fassungsanlagen, „Goldstein“ und „Hinkelstein“, mit 5000 cbm bzw. 12 000 cbm Leistung pro Tag, aber schon 1899 wurde die Fördermenge im Werk „Goldstein“ durch den Bau neuer Brunnen auf 12 000 cbm erhöht.
Nur für die Liefermengen der Quellwasserleitung gebaut, entsprachen die alten Hochbehälter in ihrem Fassungsvermögen nun nicht mehr der Menge der Wasserförderung. Als erster erhielt der Behälter an der Friedberger Landstraße im Jahre 1889 eine vierte Wasserkammer, die das Fassungsvermögen auf 25 000 cbm vergrößerte. Für das Stadtwald-Grundwasser wurde an der Sachsenhäuser Warte ein vierteiliges Reservoir mit rund 30 000 cbm Volumen im Winter 1899 begonnen und teilweise schon im Juli 1901 in Betrieb genommen. Für die Versorgung des neuentstehenden Nordends war ein separates Wasserwerk notwendig, das, als Pumpwerk direkt neben dem Reservoir Friedberger Landstraße erbaut, das Wasser in einen Hochbehälter am Heiligenstock pumpte.
Sooft und soviel Frankfurt auch in die Erschließung neuer Wasserquellen investierte, die Bevölkerungszunahme ließ der Stadt keinen Vorlauf, jedes neue Bauvorhaben reichte bei Fertigstellung gerade aus, den während der Bauzeit gewachsenen Bedarf eben zu decken.
Zum Ausgleich der spärlicher fließenden Spessartquellen erschloß man in der Nähe des Ortes Wirtheim ein neues Grundwasserbecken durch den Bau eines Pumpwerkes, dessen Tagesleistung von 4000 cbm seit dem 1. Oktober 1901 über den 120 Meter höher liegenden Aspenhainer Kopf in die Hauptzuleitung gepumpt wurde.
Mit der Eingemeindung der Stadt Bockenheim am 1. April 1895 übernahm Frankfurt a. M. auch das Grundwasserwerk Praunheim, zwischen 1888 und 1890 nach Planung des Schweizer Ingenieurs G. Gruner aus Basel im Grundwasserstrom des rechtsseitigen Niddaufers zwischen Praunheim und Rödelheim erbaut. Seine Förderleistung war berechnet für ca. 30 000 Einwohner mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 100 Liter pro Tag, tatsächlich gefördert wurden aus der Stollenanlage 2000 cbm und aus dem Pumpwerk 8000 cbm pro Tag, wovon Frankfurt die überschüssige Zweidrittelmenge in das Stadtnetz übernahm. Drei Schachtbrunnen, zwischen 1899 und 1901 auf den „Metzler Wiesen“ gebaut, nutzten den Grundwasserstrom mit 5000 Tageskubikmetern zusätzlich aus. 1904 wurden die Praunheimer Wasserwerke ergänzt durch fünf Tiefbrunnen „Im Arm“ mit ebenfalls 5000 cbm pro Tag. Seiner Härte von 16 wegen gelangte das Praunheimer Wasser zuerst in den Hochbehälter an der Friedberger Landstraße, um mit dem weichen Gebirgswasser von 20 gemischt und „enthärtet“ zu werden.
Hinweise der Geologen von Reinach, Dr. Leppla und auch Dr. Lepsius im Jahre 1903 auf ein reiches Grundwasservorkommen bei Hattersheim führten zu Probebohrungen mit Pumpversuchen, deren gute Ergebnisse zum Bau des Grundwasserpumpwerkes Hattersheim führten. Ab Juli 1909 flossen aus siebzehn 60 Meter tiefen Filterbrunnen zunächst 12 500 cbm pro Tag in das Frankfurter Leitungsnetz, durch Pumpen über 21,0 Kilometer bei Überwindung eines Höhenunterschiedes von 65 Metern in den Hochbehälter an der Sachsenhäuser Warte gedrückt, wobei der Main bei Eddersheim mit zwei Dükern gekreuzt wurde. Am 8. Dezember 1907 schloß sich die Versenkung der Wasserdüker an das zwei Tage vorher ausgeführte Ablassen der Schmutzwasserdüker bei Niederrad an. Zwei parallele Rohre von 80 cm lichtem Durchmesser, 163,5 Meter Länge und einem Gesamtgewicht von 95 000 kg wurden innerhalb von 22 Stunden in den Main versenkt unter Leitung von Direktor Scheelhaase, Leiter der Wasserleitungs-Abteilung des Tiefbauamtes, Stadtbaumeister Sattler und Ingenieur Viesohn. Lieferant der aus Siemens-Martin-Flußeisen wassergasgeschweißten Rohre waren die Preßwalzwerke Düsseldorf-Reisholz, verlegt wurden sie von Grün & Bilfinger, wobei der Preis der Röhren mit 44 000 Mark etwa ein Drittel der Gesamtherstellungskosten des Wasserleitungsdükers von 144 000 Mark betrug.
Zwei Jahre nach der Eingemeindung kaufte 1902 die Stadt Frankfurt das bis dahin privat geführte Wasserwerk Seckbach, das mit seiner täglichen Leistung von ca. 140—300 cbm Wasser aus den Hängen des Lohrberges keinesfalls die Wasserversorgung der Stadt sichern konnte, dafür aber das Bild abrundete. Die Gesamtmenge des in das Frankfurter Stadtrohrnetz einfließenden Wassers addierte sich um 1910 auf ca. 80000 cbm pro Tag, die städtischen Ingenieure waren aber auch weiterhin bemüht, diese beachtliche Menge durch die Erschließung neuer Reservoire zu vermehren.
Von dem Büdinger Forstmeister Dr. Weber kam 1905 der Vorschlag, das Quellgebiet von Inheiden zu erschließen und das Wasser zur Versorgung des südlichen Teils von Oberhessen und Frankfurt zu verwenden, aus dem Verkaufserlös sollte ein an der Nidder geplantes Wasserkraftwerk finanziert werden. Die Frankfurter zeigten sich interessiert an dem Angebot, und so lieferte das Quellwasserwerk „Inheiden“ ab 1911 über die Entfernung von 44 km täglich 20 000 cbm Wasser bester Qualität nach Frankfurt. Mit diesem Quantum wurde der seit zwanzig Jahren überstrapazierte Grundwasserstrom des Stadt-waldes entlastet, die Förderung von bis zu 36 000 cbm Wasser täglich anstelle der ursprünglich vorgesehenen 20 000 cbm hatten, zu Grundwasserabsenkungen geführt, die beachtliche Werte erreichten. Um hier Abhilfe zu schaffen und die Möglichkeit einer natürlichen Filterung des Mainwassers zu untersuchen, errichteten die Wasserwerke 500 Meter von der Entnahmestelle Oberforsthaus entfernt eine Versuchsanlage zur Erzeugung künstlichen Grundwassers, der anfangs täglich 500—700 cbm rohen Mainwassers zugeführt wurden. Bereits nach 100 Meter Sickerstrecke entsprach die Qualität des Wassers der des natürlichen Grundwassers. Geplante Großversuche mit einer Versickerung von 4000 cbm Mainwasser täglich wurden durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges verhindert.
Neben den Trinkwasserwerken besaß Frankfurt a. M. seit 1885 auch ein Nutzwasserwerk im städtischen Schlacht- und Viehhof, die sogenannte Flußwasserleitung, aus der die tieferliegenden Stadtteile ihren Bedarf für die Straßenbesprengung und die Gartenbewässerung sowie für gewerbliche Zwecke deckten. Nach einer Umrüstung der Dampfpumpen im Jahre 1901 förderten diese bis zu 18 000 Tageskubikmeter, die sich zuerst über den „Wassertempel“ und ab 1902 durch den „Gegenbehälter“ am Hainerweg und den Nordbehälter an der Kleiststraße auf das Stadtgebiet einschließlich Bockenheim, Oberrad und Niederrad verteilten. Vor Ausbruch des Krieges stand Frankfurt 1914 eine Gesamtwassermenge von 100 000 cbm Trink- und 20 000 cbm Nutzwasser täglich zur Verfügung, die sich in einem Leitungsnetz von 720 km Länge auf 24 000 Liegenschaften als Trinkwasserabnehmer und 3000 Grundstücke und industrielle Anlagen als Nutzwasserabonnenten verteilten, bezogen 3725 Hydranten sowie 220 öffentliche Brunnen und Springwerke ihr Wasser aus der Flußwasserleitung. Abhängig von der Installation von Wassermessern war der Pro-Kopf-Verbrauch innerhalb der verschiedenen Stadtteile sehr unterschiedlich, in den älteren Stadtteilen ohne Wassermesser lag er mit 300 Litern pro Person sehr viel höher als in denen mit Durchflußzählern, hier kam die Bevölkerung mit 100 Litern täglich aus. Mit dem Durchschnittswert von ca. 200 Litern pro Kopf und Tag stand Frankfurt neben München und Augsburg an der Spitze der deutschen Städte. Großkommunen wie Berlin, Leipzig und Dresden lagen noch unter 100 Litern im mittleren Verbrauch. So großzügig, wie die Wasserversorgung angelegt war, so sozial waren auch die Abgabebestimmungen, denn das Wassergeld wurde nur bei Gewerbebetrieben nach dem Verbrauch in Kubikmetern berechnet, nicht aber bei privaten Entnehmern, hier war es an die Wohnungsmiete gekoppelt. Wohnungen bis 250 Mark Mietwert im Jahr waren wassergeldfrei, für Wohnungen bis 300 Mark Mietwert waren 300, darüber hinaus 4% des Mietwertes zu zahlen. Bäder kosteten einen Zuschlag von 6 Mark pro Jahr.
Prognosen des Jahres 1914 sagten eine Stabilisierung der Wasserversorgung voraus, sie hielten die täglich geförderte Wassermenge von über 100 000 cbm für ausreichend bis 1927/28, und bei genereller Einführung der Wassermesser, die u. a. von der bekannten Frankfurter Gas- und Wasser-Apparate-Fabrik Valentin hergestellt wurden, hoffte die Stadt, bis 1937 ohne Vergrößerung der Werke auskommen zu können, und daß die Wasserversorgung „ihren günstigen Einfluß auf die Gesundheitsverhältnisse der Stadt auch fernerhin ausübe nach dem Leitwort: Die öffentliche Wohlfahrt sei oberstes Gesetz“.
Vor rund einhundertundfünfzig Jahren prägten die Anhöhen der Grüneburg, des Kühhornshofes, der Friedberger Warte und der Höhenzug hinter Bornheim noch die Landschaft nördlich der Stadt, die zu dieser Zeit erst zaghaft über die ehemaligen Wälle hinauswuchs. So war es für den städtischen Wasser-, Weg- und Brückenbau-Inspektor Philipp Jakob Hoffmann relativ leicht, aus der Beobachtung des Geländes unter Einbeziehung der vorhandenen Brunnen zwischen der Günthersburg und dem Affensteinerfeld die günstigsten Stellen für die Anlage neuer Brunnen zu erkennen. Speziell das Knoblauchsfeld zwischen der Eschenheimer und der Friedhof-Chaussee (der heutigen Eckenheimer Landstraße) nördlich der Holzhausen Oede war als sehr wasserhaltig bekannt. Hier nun ließ Hoffmann 1826 fünf Brunnen graben, den ersten gegenüber dem Stalburgbrünnchen etwa an der Stelle der heutigen Epiphaniaskirche, den letzten in der Gegend der Falkensteiner und Stettenstraße.
Das günstige Ergebnis einer am 26. August 1826 in allen Brunnen gleichzeitig vorgenommenen Wassermessung brachte ihn auf den Gedanken, durch Verbindung aller Brunnen mit einem Kanal oder einer „Gallerie“, wie der zeitgenössische Ausdruck lautete, die wasserführende Schicht in einer von den äußersten Brunnen bestimmten Breite für die Wasserentnahme zu nutzen. Vier runde, überwölbte Brunnenschächte von zwanzig Fuß Durchmesser — der Frankfurter Fuß zu 0,2846 Meter gerechnet — bei drei Fuß Wandstärke waren verbunden durch sechs Fuß breite und zehn Fuß hohe Kanäle, die zum besseren Begehen seitliche Trottoirs erhielten. Kanäle und Brunnenkammern bildeten zusammen mit einer Länge von 1735 Fuß die unterirdische „Gallerie“. In jedem Brunnengewölbe war eine Notöffnung vorgesehen, die ebenso als Reinigungs- wie auch als Lüftungsöffnung zu benutzen, normalerweise aber mit Bohlen und Erdreich überdeckt war.
Damit das Wasser nicht nur aus dem Grund der Brunnenkammern einlief, erhielten die 2 Fuß starken Wände auf der Bergseite in den drei untersten, auf den wasserführenden Letten aufgelegten Quaderschichten aus Rotsandstein offene, ein Zoll (23,7 mm) weite Fugen. Die Wände der Talseite dagegen sperrten dem Wasser, mit ihrer Sohle einen Fuß tief in den Letten eingegraben und mit Zementmörtel vermauert, den unkontrollierten Ausfluß aus dem Kanal. Aus dem letzten Gewölbe der „Gallerie“ floß das Wasser durch einen siebartig durchlöcherten Trichter aus Eisenblech in die mit einem Krahn (Hahn) absperrbare Wasserleitung zum Verteilerbehälter am Eschenheimer Turm, die ein gemauerter Kanal gegen den Druck des etwa fünf Meter hoch anstehenden Erdreichs schützte. Über diesem letzten Gewölbe erhob sich nach der Planung Hoffmanns ein Einstiegshäuschen über das Gelände, zehn Fuß im Durchmesser und acht Fuß bis zur Traufe oder zwölf Fuß bis zur Spitze des Kegeldaches hoch, durch welches man die Brunnenkammer betreten und auch die Wasserentnahme absperren konnte. Schon während der Ausführung änderte sich das Konzept, jede Brunnenkammer erhielt jetzt als Einstiegsbauwerk einen aus Basalttuffsteinen im Backsteinformat gemauerten, gedrungenen Obelisken auf der fast quadratischen Grundfläche von ca. 10 mal 10,33 Fuß bei einer Höhe von 20,33 Fuß. Eines dieser Einstiegshäuschen steht noch heute, wohl bei der Auflassung der Knoblauchsgalerie hierher transloziert, am Hochbehälter an der Friedberger Landstraße.
Die Antrittspfeiler der Treppe gehören nicht in die Zeit der Pyramide, sondern wurden erst 1880 versetzt, zeitgleich mit der Erbauung des Hochbehälters. In gleicher Weise war die aus fünf Brunnengewölben bestehende Galerie auf dem Friedberger Feld, etwa auf der Verbindungslinie zwischen Rat-Beil-Straße und der Weidenbornstraße, ausgeführt, die zusammen mit den Verbindungskanälen eine Gesamtlänge von 2805 Fuß erreichte. Heute markiert auf einem Teil dieses Geländes in städtebaulich wichtiger Torfunktion eine zwischen 1900 und 1905 von der Aktiengesellschaft für kleine Wohnungen errichtete Siedlung die nördliche Grenze der Stadtbebauung.
Am 22. November 1873, nachdem die Fontäne im Bethmannweiher eine neue Wasserzeit für Frankfurt a. M. angekündigt hatte, floß aus den privaten „Wasserkranen“ in der Stadt erstmals das über 66 km weit von den Quellen des Vogelsberges herbeigeführte Wasser. Damit dieser Strom auch gleichmäßig Tag und Nacht erhalten blieb, war schon acht Wochen vor der offiziellen Einweihung ein Teil des Wasserleitungs-Werkes in Betrieb genommen worden. Erstmals am 25. September 1873 füllte sich der Hochbehälter an der Friedberger Landstraße, um von hier aus das ca. 58 km lange Stadtrohrnetz zu bedienen. Hochbehälter waren wichtiger Teil jeder Wasserversorgungsanlage, die durch permanenten natürlichen Zufluß oder ständigen Betrieb mechanisch-hydraulischer Hilfsmittel, der Pumpen, mit Wasser gespeist werden mußten. Denn neben der Aufgabe der Druckerhöhung und der Verteilung des Wassers nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren mußten sie auch als ausgleichendes Speichergefäß dienen, welches die Verbrauchsspitzen durch Zufuhr gespeicherten Wassers aus der verbrauchsarmen Nachtzeit auffangen konnte.
Als Bauformen hatten sich grundsätzlich zwei Typen von Behältern herauskristallisiert: einmal der unterirdische Behälter als Aneinanderreihung gewölbter Galerien, wenn eine günstige topographische Situation mit natürlichen Erhebungen in der Umgebung der Verbrauchsstellen dies zuließ, und zum anderen das künstlich erhöhte Behältnis in Gestalt eines Turmes. Beide Varianten sind noch oder waren in Frankfurt vorhanden; die unterirdischen Behälter wurden vor allem für das städtische Wassernetz, die Türme in der Hauptsache für die umliegenden Ortschaften gebaut und erst durch die Eingemeindungen von Frankfurt übernommen. In ihrer Konstruktion sind diese Wasserbehälter am ehesten mit Zisternen zu vergleichen, deren großflächige Räume ein statisches System unterteilte, dessen Raster hauptsächlich von der Wahl des geeigneten Baumaterials abhing. Ein eindeutiges Konstruktionsprinzip entwickelte sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nicht, Pfeiler- sowie Kammerbehälter existierten nebeneinander. Das um 1870 gebaute Reservoir der Hochquellenwasserleitung auf der Schmelz bei Wien war über quadratischem Pfeilerraster mit flachen Kreuzgratkappen über Gurtbögen eingewölbt, ähnlich dem statischen System der Yerebetan-Zisterne in Istanbul. Mit der vermehrten Verwendung von Beton vereinfachte sich diese Bauweise in der Art, daß die Überwölbung von Quadraten zugunsten von Tonnengewölben über durchgehenden Kammer-wänden in den 80er Jahren in den Hintergrund trat. Dabei konnten die Kammerwände mehr oder weniger in Bogenstellungen aufgelöst - wie die Reservoiranlage des Wasserwerkes Liegnitz (1880) und der Stadt Minden (1887) - oder mit kleinen Durchbrüchen versehen sein, die den Wasseraustausch aufrechterhielten, wie sie beim Hochbehälter der Wasserversorgung der Stadt Nürnberg (1884) ausgeführt wurden.
Ließen die örtlichen Verhältnisse einen eingegrabenen Behälter nicht zu, mußte das Reservoir in einem Turm untergebracht werden, dessen Form weniger von der Gestalt des eigentlichen Wasserbehälters als vielmehr von den gestalterischen Absichten des Baumeisters abhängig war.
Ab ca. 1880 setzte sich immer mehr das statische Prinzip eines freitragenden Bassins durch, dessen Entwicklung auf Professor lntze aus Aachen zurückging. Die häufigste Form des Behälters war neben der Kugel der Zylinder mit unten angesetzter Kugelkalotte, wobei sich das Reservoir auf einem unteren Druckring absetzte, der auch tiefer als der Übergang von der Kugel- zu der Zylindermantelfläche liegen konnte. Auf die äußere Gestalt übertragen, brauchte der Rumpf des Turmes nicht die gleichen Außenmaße wie der Behälter zu haben, er konnte schlanker, funktionaler werden, hatte dann allerdings einen Wasserkopf, wodurch diese Formen bei den Zeitgenossen auf Unverständnis und Ablehnung stießen. Bei gleicher technisch-statischer Bauweise (nach lntze) ließ sich das Reservoir auch in traditionellen Formen eines Turms verkleiden, wenn nur die Funktion als Wasserturm gefordert war. In Einzelfällen erhielten die Türme eine zusätzliche repräsentative Funktion, die sich z. B. aus dem Standort in einem besonderen Wohngebiet oder aus den Vorstellungen des Bauherrn ergab. In diesen Fällen war die Funktion -Wasserturm - nur noch schwer zu erkennen. In bescheidenem Maße entsprach der Frankfurter „Wassertempel“ einer solchen Anlage. Sehr viel aufwendiger baute sich die Stadt Halle 1880 einen achteckigen Turm mit ausladendem Erdgeschoß, wodurch dem Wasserturm eine zusätzliche Bedeutung als Aussichtsturm mit Restauration beigegeben wurde. Ein extremes Beispiel solcher „Wasserkunst“ war der 1872 begonnene monströse Wasserturm des Wasserwerkes der Westend-Gesellschaft H. Quistorp & Comp. bei Charlottenburg, dessen Formen sich aus den Kolossalordnungen römisch-antiker Zentralbauten - Pantheon, Vestatempel, Mausoleum des Diokletian - addierten. In Frankfurt a. M. machte H. Quistorp von sich reden, als er 1873 für 1.2 Millionen Gulden den Hellerhof von der Familie von Holzhausen kaufte, um auf dein Gelände eine exklusive „Westendkolonie Frankfurt“ zu bauen. H. Quistorp meldete noch im gleichen Jahr Konkurs an, so daß sich dieses und auch letztlich das Berliner Projekt zerschlugen.
Als sich am 25. September 1873 das erste Wasser in den Hochbehälter an der Friedberger Landstraße ergoß, war dessen Fassungsvermögen auf die Leistung der Vogelsberg-Quellen berechnet. Eine erste Erweiterung erfolgte in den Jahren 1878-1880, als die Eröffnung der Spessartquellenleitung eine größere Kapazität erforderte. Die Erschließung des Grundwasserstromes machte schließlich im Jahre 1889 den Bau einer vierten Wasserkammer unumgänglich. Mit den Ausmaßen von ca. 132 mal 67 Metern bei einer Gesamthöhe von ca. 4,10 Metern faßte der komplette Behälter 25 444 Kubikmeter Wasser, wozu ein mittlerer Wasserstand von 3,84 Metern über Behältersohle bzw. eine Wasserspiegelhöhe von + 144,74 Metern NN notwendig war. Die einzelnen Abteilungen waren in je achtzehn bzw. sechzehn tonnenüberwölbte Kammern von 32,25 Metern Länge bei 3,20 Metern Breite unterteilt, die abwechselnd seitlich durch 3,20 Meter weite Offnungen untereinander verbunden waren und dem Wasser auf diese Weise, mäandergleich, den Durchlauf sicherten. Der Anschluß an die Quellwasserleitung erfolgte nicht erst unmittelbar am Behälter, sondern schon 720 Meter weiter östlich in der Wasserkammer Seckbach, von der ein gemauerter Kanal zu der Wasserkammer des Behälters führte. Über den Teilkasten der Schieberkammer wurde das Wasser in die Behälter eingeleitet, an deren westlichem Ende gelangte es in die Hauptleitung des Stadtnetzes. Allein die Versorgungsleitung der nordöstlichen, hochliegenden Stadtteile wurde schon in der Schieberkammer abgezweigt. Ihr Stollen diente auch als Überlauf, durch den das überschüssige Wasser zum Spülen der Schwemmkanäle in Bornheim benutzt werden konnte.
Die Behälterwände bestanden aus verputztem Sandsteinmauerwerk, während die Gewölbe und Sohlen aus Backstein mit Zementmörtel vermauert waren. Auf einer elegant als Parkanlage gestalteten Erdüberdeckung der gesamten Hochbehälteranlage erheben sich drei kleinere Bauten, die in strenger Axialität aufeinander bezogen sind.
Am westlichen Zugang des Geländes schiebt sich eine von zwei geradläufigen Treppen flankierte Plattform aus dem leicht geböschten Terrain. Die Stirnwand wird fast vollständig von einem in sie eingeschnittenen Rundbogen bestimmt, gerahmt von den zwei als Eckpilaster vor die Fassadenflucht gerückten inneren Treppenwangen, die mit ihrer rustikalen Bossenquaderung im Gegensatz zu der ruhigen, nur durch Keilfugen strukturierten Mittelwand stehen. Die durch rechteckige Fugenrahmen zurückhaltend profilierte Brüstung umschließt das Bauwerk in Form einer Attika.
Aus der Mitte des Behälters ragt ein kleiner überkuppelter Zentralbau auf quadratischem Grundriß, dessen Grundform durch diagonal vor die Ecken gestellte Pilaster mit kräftig rustizierter Sandsteinquaderung polygonal abgewandelt ist. Etwas maniriert wirkt die Einbindung der zweiflügligen Tür in der Mittelachse der Westfront, deren Laibungskontur aus dem schichtweisen Versatz des Rustikaquadermauerwerks entsteht, welches auch, in dieser Form die statische Aufgabe negierend, im Sturz ausgebildet ist. Ähnlich profiliert sahen mit ihren Rinnen für Gesimse, Architrave, Türgewände u. a. auch die für die Fassadenverkleidung mit Werkstein vorbereiteten Stockmauern der Renaissance in Bruch- oder Backsteinmauerwerk aus. Außerhalb Italiens und Frankreichs, wo diese Formen entwickelt wurden, gibt es in der näheren Umgebung Frankfurts mit dem Südwestportal des Aschaffenburger Schlosses (1605-1614) und dem Rathaus in Würzburg zwei Beispiele der deutschen Renaissance des frühen 17. Jahrhunderts mit sehr ähnlicher Detailausbildung, die sich als direkte Vorbilder anbieten.
Die Wand über der Türöffnung füllt ein kräftig profilierter Dreiecksgiebel als Türverdachung. Den horizontalen Abschluß bildet die Attika mit abschließendem, verkröpftem Gesims; darüber erhebt sich an allen vier Seiten axial ein mehrfach profilierter Segmentgiebel mit stilisiertem Palmettenakroter. Über dem Gebäude wölbt sich eine Kuppel mit Kugelaufsatz. In gleicher Weise mit Renaissanceformen überladen ist die Front des östlichen Bauwerks, von dem nur die Eingangsfassade wie eine Grubeneinfahrt vor dem Erdhügel steht. In der Mitte der über glattem Sockel wiederum mit rustizierter Quaderschichtung aufgehenden Wand liegt der rundbogengewölbte Eingang, dessen diamantierter Schlußstein in das Gesims überleitet. Auf die Rustikalflächen der breiten Eckpilaster aufgesetzt, tragen trapezförmige, aus dem Typ der Hermenpilaster entwickelte Pfeiler die durch verkröpfte Gesimse zweigeteilte Attika, in deren unterer Zone die Jahreszahl 1880 das Bauwerk fest datiert.
Baumaterial für alle drei Bauten ist der rote Sandstein aus dem Spessart. Die kleinen Hoch-bauten des Wasserbehälters sind überfrachtet mit Bauformenzitaten aus der repräsentativen Architektur der mainfränkischen Renaissance, bei deren Anblick sich der Gedanke aufdrängt, daß hierdurch symbolhaft die Verbindung zwischen dem wasserspendenden Spessart, durch Nachempfindung des Aschaffenburger Schlosses, und der neuen Metropole Frankfurt a. M geknüpft werden sollte...
Eingebettet zwischen zwei mäßig hohe Hügelketten im Vorland des Taunus und des Odenwaldes, konnte Frankfurt am Main die für die städtischen Wasserleitungen notwendigen Reservoire unter Ausnutzung der topographischen Gegebenheiten als niveaugleiche Hochbehälter an den Hängen über der Stadt bauen. Bis zum Tag der Eingemeindung der Stadt Bockenheim am 1. April 1895, zu deren Folge auch die Übernahme des Grundwasserpumpwerkes Praunheim und des Wasserturmes auf der Ginnheimer Höhe gehörte, kam Frankfurt am Main ohne Wasserturm aus: Der zur städtischen Quellwasserleitung gehörende Turm auf der Abtshecke bei Langenselbold sollte bei einem eventuellen Rohrbruch der selbsttätigen Druckentlastung der Rohre dienen, besaß aber keinen Vorratsbehälter, der ihn unter die echten Wassertürme eingereiht hätte. Dagegen bezeichnete zwar der „Wassertempel“ am Hainerweg ein Reservoir, welches sich jedoch zu ebener Erde befand, während der Turm hauptsächlich repräsentativen Zwecken diente.
Der architektonisch einfachste, aber wohl älteste Wasserturm steht im Grüneburgpark auf dem Gelände der 1845 für Anselm Mayer (oder auch Anselm Salomon) Rothschild durch den Architekten Jakob von Essen erbauten Villa Grüneburg. Auf quadratischem Grundriß mit fünf Geschossen in Backsteinrohbau errichtet, gleicht der Turm mit seinen gotisierenden Detailformen - spitzbogiges Eingangsportal, dreifach gekuppelte Fensteröffnungen, Fensterrahmungen mit aufgekröpften Gesimsen, Zinnenkranz über auskragendem Bogenfries - eher dem Bergfried einer mittelalterlichen Burg als dem zweckbestimmten Gebäudetyp Wasserturm.
Nach Abriß des alten Gutshofes ließ das Freifräulein Luise von Rothschild im Jahre 1888 den Bertramshof durch die Firma Gebr. Helfmann (heute Hochtief AG) wieder aufbauen. Teil dieser neuen Hofanlage war der zur Eigenversorgung des Gutes dienende Wasserturm.
Mäßig hoch, steht der oktogonale Baukörper als Backsteinrohbau in der Symmetrieachse der Hofanlage als Pendant zum Herrschaftshaus. Über einem ungegliederten Sockel führen eckbetonende Lisenen unter einen Treppenfries; darüber liegt der Wasserbehälter hinter flach kassettierten Wandflächen, die wie ein Attikageschoß eingespannt sind zwischen den Gesimsen. Ein Zeltdach mit Laternenaufsatz ruht über dem streng gegliederten, in seinen Detailformen konservativen Turm, der andererseits in seiner Großform die etwa um 1910 einsetzende Diskussion um geradlinige Wassertürme vorwegnimmt.
Auf der Ausstellung für Hygiene und Rettungswesen, 1882-1883 in Berlin durchgeführt, zeigte der Berliner Arzt Dr. O. Lassar im Modell den Prototyp eines Volksbrausebades in Eisenwellblech, hergestellt von der Firma David Grove in Berlin. Je fünf Duschkabinen für Frauen und Männer bildeten, Rücken an Rücken aufgereiht, ein Rechteck, dem sich kopfseitig der Kesselraum mit Wäschetrockenvorrichtung anschloß; im Abstand einer Flurbreite war die Kabineneinheit von einer Wellblechbaracke umgeben. Zweck dieser Einrichtung war, die den „breiten Volksschichten fehlenden Hausbäder zu ersetzen und durch die Verbesserung der allgemeinen hygienischen Verhältnisse die Gefahr immer noch drohender Epidemien zu bannen. Nach der ersten Eröffnung eines Volksbrausebades im Herbst 1887 in Wien folgten ab 1888 in allen größeren deutschen Städten Anlagen dieser Art, die meisten nach einem verbesserten Entwurf von Dr. Lassar und Architekt Herzberg, der wieder als Modell von der Firma Börner & Co. auf der Ausstellung der Naturforscher und Ärzte 1886 in Berlin gezeigt worden war.
Der neue Typ bestand aus einem eingeschossigen Gebäude auf oktogonalem Grundriß mit zentralem Kesselraum, von dem aus Radialwände die Duschkabinen abtrennten. Erschlossen wurden diese von einem äußeren Flur. Erstmals war diese Idee des zentralen Grundrisses für Badeanstalten gut dreißig Jahre früher - und sehr viel großartiger - von William Lindley 1855 in der Bade- und Waschanstalt auf dem Schweinemarkt zu Hamburg verwirklicht worden.
Als eine Schenkung des Frankfurter Bankiers Theodor Stern an die Stadt Frankfurt wurde das erste Volksbrausebad der Stadt im Sommer 1888 eröffnet. Auf einem regelmäßigen oktogonalen Grundriß errichtet, war es im Typ identisch mit dem von Dr. Lassar auf der Berliner Ausstellung 1886 im Modell gezeigten Oktogon. Eine auf Wunsch von Theodor Stern zusammengetretene Kommission, der neben Stadtbaurat Behnke der Stadtarzt Sanitäts-Rat Dr. Spieß und der ausführende Architekt Chr. Schmidt-Knatz angehörten, projektierte das Brausebad zusammen mit der Firma Börner & Co. aus Berlin.
Insgesamt vierzehn Duschzellen, vier für Frauen und zehn für Männer, füllten, von einem äußeren Gang aus erschlossen, in dem eine Kasse die Abteilungen trennte, den Hauptteil der nur 83 Quadratmeter großen Grundfläche des Brausebades. In dem zylindrisch abgemauerten Kern stand eingetieft der Heizkessel zur Warmwasserbereitung; darüber befanden sich Trockenräume und, als Laterne über dem flachen Zeltdach aufsteigend, der Raum für das Warmwasser-Reservoir.
Sämtliche Wände und Decken des Oktogons waren in Monierbeton errichtet: die inneren Wände von 4,5 bis 5,0 Zentimeter Dicke, beidseitig mit Zementputz versehen, die Umfassungswände zweischalig mit einer äußeren Schale von nur 7,0 Zentimetern, einer inneren von 3,5 Zentimetern und einer trennenden Luftschicht von 3,0 Zentimetern. In entsprechender Konstruktion trennte ein Luftzwischenraum auch die Betondecke von der abschließenden Dachschalung (Kaltdach).
Die Außenwände hatte die Firma August Martenstein & Jousseaux aus Offenbach a. M. mit „Polychrom-Zement“ verputzt, dessen gelblich-grüner Sandsteinton, mit dem auch Gesimse, Tür- und Fensterlaibungen angelegt waren, dem Bauwerk ein solides Aussehen verleihen sollte.
Der schlichte, etwas gedrückte Bau in den Formen der Renaissance wurde mit 18 600 Mark Baukosten verhältnismäßig teuer abgerechnet. Mit einem Preis von 10 Pfennig pro Brausebad erfreute sich die Einrichtung von Anfang an großer Beliebtheit, im Schnitt wurden zwischen einhundertfünfzig und zweihundert Bäder pro Tag genommen, im Jahre 1895 frequentierten insgesamt 45 756 Personen das Bad. Selbst 1981 noch, nahezu ein Jahrhundert später, wurden ungeachtet der Entwicklung zum wohnungseigenen Bad noch 61 000 Besucher am Merianplatz gezählt.
Weitere Volksbäder entstanden 1903 in Bockenheim, 1904 in Sachsenhausen und an der Würzburger Straße in Bornheim.
Für die zu Tausenden angereisten Teilnehmer und Gäste hatte das Festkomitee einen sechsunddreißig Morgen großen Festplatz auf der Bornheimer Heide zwischen der Fahrstraße nach Bornheim und der Friedberger Landstraße hergerichtet. Innerhalb eines leicht verschobenen Vierecks befanden sich die Festhalle mit der Küche, die Schießhalle und der Gabentempel. Im Osten und Süden breitete sich über die Bornheimer Heide eine Budenstadt aus - in der selbst Zirkus und Panorama nicht fehlten -‚ die über die nach diesem Frankfurter Ereignis benannte Feststraße zu erreichen war. Entwurf und Planung der ausschließlich aus Holz - 117 000 Fuß Rundholz, 195 000 Fuß geschnittenes Holz und 53000 Stück (580 000 Quadratfuß) Dielen - mittels 1570000 Nägeln gezimmerten Festbauten stammten von dem Frankfurter Architekten Oscar Pichler, der auch die Ausführung leitete. Die 410 Fuß (116,686 Meter) lange Festhalle betonte mittig der Giebel eines 164 Fuß (46,67 Meter) langen Querschiffs, akzentuiert durch Bogenstellungen in zwei Geschossen gegenüber den sonst nur aussteifenden Kopfbügen; den durch Galerien zweigeschossig unterteilten Innenraum mit Sitzgelegenheiten für 5000 Menschen überspannten Sprengwerke. Über dem Haupteingang in der Ädikula des Giebels überreichte eine von W. Lindenschmitt gemalte Germania den deutschen Stämmen die Waffen. Ähnlich martialisch hatte der gleiche Künstler die Galeriebrüstungen ausgemalt, auf denen er die vier Hauptschlachten der Deutschen - gegen die Römer, Hunnen, Türken und Franzosen - zum Thema erkoren hatte. Die gesamte Nordseite des Festplatzes nahm die überdachte Schießhalle ein. Im Zentrum des Wegkreuzes erhob sich über den in gotischen Formen dreigeschossig ausgeführten „Gabentempel“ mit schützender Hand die Germania, gestaltet nach dem Entwurf von A. v. Nordheim.
Sechs Jahre später gab das 3. Bundesschießen schon Anlaß für eine sehr viel aufwendigere dreischiffige Halle mit basilikalem Querschnitt in renaissancistischen Formen. Von abgetreppten Ecktürmen flankiert, markierte ein triumphbogenartiger Mittelrisalit den Haupteingang in die Festhalle; zwischen Risalit und Türmen öffnete sich die Fassade in Loggien. Nach gleichem Prinzip rahmten Ecktürme den Gabentempel, während ein oktogonaler, laternenbekrönter Pavillon das Zentrum bestimmte.
„Vor 25 Jahren, als die tiefe Sehnsucht des deutschen Volkes nach Einheit und Freiheit die wehrhaften deutschen Männer hier zum ersten Bundesschießen zusammenführte - wer hätte wohl geglaubt, daß er den Tag der Wiederaufrichtung des Reiches, der Herstellung der Einheit und Herrlichkeit unseres zerrissenen Vaterlandes noch erleben und mit eigenen Augen schauen werde, wer hätte wohl zu hoffen gewagt, daß in so kurzer Spanne Zeit unsere Träume Wirklichkeit werden und die Tage der höchsten Machtstellung und Blüthe, des Ruhmes und des Ansehens des deutschen Volkes wiederkehren würden.“ Bei aller Ähnlichkeit der Begrüßungsworte des Oberbürgermeisters Dr. Miquel mit den Festreden des Jahres 1862 meinten diese jedoch nicht mehr die ein Vierteljahrhundert vorher gesuchte „Einheit und Freiheit des deutschen Volkes“ in einem liberalen Staatswesen, nun verdeutlichten sie den Drang - „Der deutsche Name ist wieder geachtet bei allen Völkern“-‚ dem Deutschen Reich einen vorderen Platz unter den Großmächten zu erkämpfen, „in schnellem Anlauf.. . die durch die Gunst der Geschichte Vorausgeeilten einzuholen“.
Auf dem Knoblauchsfeld, nördlich der Holzhausen Oede zwischen Oeder Weg und Eschersheimer Landstraße waren 200 000 Quadratmeter Wiesengrund als Festplatz für das Jubiläumsschießen abgesteckt worden. Doppelt so groß wie der Festplatz des 62er Schützenfestes, demonstrierte er das veränderte Festverhalten der Teilnehmer, denen das „Geschiebe und Gedränge einer festlich erregten Menge als Festvergnügen an sich nichts mehr bedeutete, die sich zu einer eher auf Distanz bedachten Teilnehmerschar gewandelt hatten.
An der Westseite des eigentlichen Festplatzes gelegen, schirmte mit einer Grundfläche von 36,8 mal 145,0 Metern die große Festhalle, ein Entwurf des Frankfurter Architekten Otto Lindheimer, diesen mitsamt dem in der Mitte stehenden Gabentempel von dem Jahrmarktstreiben der Budenstadt ab. Erstmals auf einem deutschen Fest erhielt die Halle nicht den üblichen basilikalen Querschnitt, sondern war als stützenloser Raum unter einem durchgehenden großen Dach entworfen in Fortsetzung eines Raumkonzeptes, welches die in Massenfesten erfahreneren Schweizer beim Sängerfest zu Basel 1875 (31,5 Meter Spannweite) und zu St. Gallen 1886 (35,0 Meter Spannweite) vorgebaut hatten. Die Konstruktion der im Abstand von 5 Metern angeordneten Hallenbinder bestand - äußerst einfach - aus zwei ineinandergeschobenen Polygonen, deren Stäbe untereinander feste Dreiecke und einzeln Tangenten an einem als konstruktive Versteifung wirkenden halbkreisförmigen Bogen mit einem Durchmesser von 36,0 Metern bildeten. Ein abschließendes Satteldach und ein dadurch entstandenes Oberlichtband vermittelten allerdings im äußeren Bild noch den Eindruck der Dreischiffigkeit. Der von der Halle zu St. Gallen kopierte Bogen setzte sich aus drei miteinander verschraubten, je fünf Zentimeter starken, 28 Zentimeter hohen Bohlenstücken von 2,25 Meter Länge zusammen; mit den Bindern verschraubt. ergaben jeweils drei etwas mehr als zwei Meter tief in den Boden gerammte Pfähle das Binderauflager. Sogenannte Versteifungstürme, risalitartige Vorlagen der Giebelwände, und Diagonalen zwischen den beiden Endbindern steiften die Halle gegen den Winddruck aus. Die Binder mußten mit unterschiedlicher Laibungshöhe, 17,6 Meter an der Südseite der Halle, 15,9 Meter an ihrer Nordseite, den Höhenunterschied des sanft von Süden nach Norden ansteigenden Geländes ausgleichen. Für die Montage der Binder griff die ausführende Firma Ph. Holzmann & Cie., die auch durch ihren Architekten Hermann Ritter die konstruktiven Details ausgearbeitet hatte, auf schon Vorhandenes zurück: Mittels eines der zur Montage der Perronhallen des Centralbahnhofes benutzten Gerüste - für die Festhalle jedoch in der Höhe reduziert -‚ bestückt mit zwei Laufkranen, stellten die Arbeiter täglich zwei Binder auf. „Der um geniale Einfälle niemals verlegene Bauunternehmer Holzmann hätte dieses Gerüste, nach vollendetem Aufbau der Halle abschlagen, nach Abschluß des Festes aber und zum Abbruch der Festhalle, dasselbe wieder aufschlagen müssen. Wenn man nun im ganzen deutschen Reich ein Preisausschreiben erlassen hätte, dahingehend: wie läßt sich dieses Auf- und Abschlagen kostenlos bewerkstelligen? Wir wären in der That begierig auf die verschiedenen Lösungen dieser heiklen Frage gewesen. Die Lösung Holzmanns aber lautete einfach wie folgt:
Wir fahren das Gerüste, das ja ohnedies auf Schienen läuft, einige Schritte weiter, stecken ein paar Fahnen darauf und benützen es als Aussichtsthurm! In der That, eine bessere Idee hätte selbst ein geprüfter königlicher Baumeister mit Assessor-Rang nicht haben können !“
In der Halle fanden etwa 4000 Personen an 80 Tischen Platz, das am Nordende liegende Podium bot Raum für 700 Sänger und 100 Musiker, und schließlich befand sich am Südende eine weitere Tribüne für zwei Musikkorps, die zur Tafel aufspielten. Im Westen schloß sich der Halle ein großer Wirtschaftstrakt an. Ohne Besonderheiten bestand die innere und äußere Ausgestaltung der Halle aus „Fahnenschmuck, Wappen, Guirlanden, Tannen- und Fichtenbäumen“, der Südgiebel erhielt nach dem Entwurf von Eugen Klimsch ein Ölbild mit dem Motiv einer Frankofortia, der Nordgiebel die Bildnisse des Tell und des Andreas Hofer. In der Halle war die Statue der Germania - modelliert von Karl A. Rumpf - aufgestellt. Die elektrische Beleuchtung des Fest- und Vergnügungsplatzes teilten sich die Firmen Schuckert aus Nürnberg, vertreten durch Hartmann & Braun, und Gebr. Naglo aus Berlin, die Heinrich Kleyer vertrat, und H. G. Möhring aus Frankfurt a. M. Die Firma Ph. Holzmann & Cie. hatte die Halle ohne Wirtschaftsräume konstruiert und dem Festkomitee für 42 500 Mark geliehen; einschließlich der Wirtschaftsräume betrugen die Kosten 50 000 Mark.
Im Kreuzweg des Festplatzes stand der Gabentempel auf polygonalem Sockel im Schweizerhaus-Stil, der die Ehrengeschenke der Schützenvereine präsentierte und in einer Nische den Kopf der Germania des Bildhauers A. v. Nordheim, die als zwanzig Fuß hohe Statue den Gabentempel von 1862 schmückte. Neben den zahlreichen Vergnügungsbuden rundeten mehrere Bierhäuser, darunter auch ein bayerisches, und ein Cafe „Milani“ das Bild ab. Beiderseits eines der Hauptwege standen zwei Pyramiden aus Basalt, die eine ein Relikt der Quellwassergalerien auf dem Knoblauchsfeld, nun aber ganz in ägyptisch-assyrischem Stil angemalt, die andere aus Holz und nichts weiter als der Tabakstand des Festplatzes.
Fünfundzwanzig Jahre später, zum 17. Deutschen Bundes- und Goldenen Jubiläumsschießen vom 14. bis 21. Juli 1912, ersetzte der 1909 fertiggestellte monumentale Festhallenbau von Friedrich von Thiersch die Holzkonstruktionen der vergangenen Feste.
Der Beginn des Turnens in Frankfurt a. M. ist gleichzusetzen mit dem Anfang des 19. Jahrhunderts, als auf Anregung von Johann Christoph Friedrich Guts Muths, der seit 1785 an einem System des Schulturnens arbeitete und 1804 Frankfurt a. M. besuchte, die 1803 gegründete Musterschule den Turnunterricht einführte. Die ersten Turnvereine - 1815 der Schüler-Turnverein und 1829 der Clässerverein, zu dessen Mitgliedern u. a. Fay, Fr. Varrentrapp, de Bary, Glöckler und Ravenstein gehörten - waren noch zu der politisch motivierten Turnerbewegung zu rechnen, aber schon die 1833 von Friedrich August Ravenstein gegründete Turngemeinde schloß „politische Handlungen und parteiliches Wesen“ im Vereinsleben aus, ohne damit zu verhindern, daß sich einzelne Mitglieder am Barrikadenkampf des September 1848 beteiligten. Daneben existierten noch eine von Ravenstein unabhängige Turngemeinde, die 1852 als politischer Verein polizeilich aufgelöst wurde, sowie der 1850 gegründete „Sachsenhäuser Turnverein“, der wegen seines hohen Anteils an Arbeitern unter den Mitgliedern im „Verdacht sozialistischer Tendenzen“ stand. Nach dem gewonnenen Krieg von 1870/1871 und der Gründung des Deutschen Reiches prägte der deutschnationale Gedanke auch die Turnvereine. „Nur ein gesundes und kräftiges Volk hat die Anwartschaft auf eine große und bedeutende Zukunft, und die geistige Blüthe einer Nation verspricht um so höhere Entwicklung und um so längere Dauer, je kräftiger und elastischer sich die physische Natur der Volksgenossen gestaltet.“
Für das 5. Allgemeine deutsche Turnfest vom 25.-29. Juli 1880 hatte der Fest-Ausschuß unter Leitung des Oberbürgermeisters Dr. Miquel noch einmal den Platz des Schützenfestes von 1862, die sogenannte „dicke Oede“ von Baron Meyer Carl von Rothschild gepachtet. Das 106 500 Quadratmeter große Gelände war eingefaßt im Süden von der Bornheimer Landstraße, im Osten und Westen von der Heidestraße und Friedberger Landstraße, die seit 1862 einseitig mit Häusern bebaut waren, deren Fronten sich dem Festplatz zuwandten.
Ein breiter Weg führte aus dem Winkel zwischen Friedberger und Bornheimer Landstraße zu dem aus Holzfachwerk errichteten triumphbogenähnlichen Haupttor, das zwei zwischen Kassenhäuschen eingeschlossene Nebeneingänge flankierten, in den sonst durch eine Bretterwand von der Umgebung abgeschlossenen Festplatz. An allen vier Seiten des Karrees erhoben sich Holzbauten nach dem Entwurf Otto Lindheimers. Dessen Arbeit war neben der von Oskar Sommer aus einer auf Frankfurter Architekten beschränkten Konkurrenz preisgekrönt hervorgegangen, erhielt aber den Vorzug vor dem Sommerschen Entwurf nicht etwa wegen Mitgliedschaft Lindheimers im Turnverein, sondern aus Gründen der kostengünstigeren Realisierung. Die nördliche Platzwand nahm fast in ganzer Breite die große dreischiffige, basilikale Festhalle mit einer Grundfläche von 117,0 mal 45,0 Metern ein, die im Inneren unter einem hölzernen Sprengwerk Sitzplätze für etwa 4000 Personen bot. Der einfache Schmuck bestand aus Moosbekleidungen und Eichenlaubgehängen, drapiert durch Fahnen. In der Querachse der Halle befand sich dreibogig der Hauptzugang zwischen zwei Türmen auf quadratischem Grundriß. Mit Diagonalen versehene, ausgefachte Endfelder bei sonst unausgesteiften Seitenschiffwänden - die an der Südfront durch Vorhänge geschlossen werden konnten - dienten ebenso wie die Mitteltürme als Aussteifung gegen Winddruck. An die Nordwand der Halle schloß sich der Küchentrakt mit 48,0 Metern Länge und 20,0 Metern Breite an.
Längs der Bornheimer Landstraße riegelte eine mit fünfzehn bis achtzehn Sitzreihen amphitheatralisch ansteigende Tribüne für 3500 Zuschauer, überragt von drei Pavillons, den Festplatz nach Süden ab. Im Hohlraum der Tribüne befanden sich die Garderoben und Waschräume der aktiven Turner.
Je vier Bier- und Apfelweinhallen mit jeweils etwa einhundert Plätzen innen und einhundertfünfzig Plätzen außen lehnten sich an die östliche und westliche Platzbegrenzung. Zwischen dem eigentlichen 115,0 mal 170,0 Meter großen Turnplatz und der Festhalle befanden sich ein Musikpavillon und zwei oktogonale Tanzpodien. Die von dem Bildhauer Karl Anton Rumpf entworfene „Germania“, eine Stiftung der Bankiers Moritz und Anton Hahn, sowie eine Kolossalbüste des „Turnvaters Jahn“, modelliert von dem Bildhauer Born, schmückten den Festplatz; die „Germania“ fand soviel Anklang, daß sie nochmals 1887 beim Jubiläumsschießen einen Ehrenplatz in der Festhalle erhielt.