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Aus „Frankfurt um 1850" von Hans Lohne, 1967

In der nächsten Umgebung der Stadt lagen zunächst die sogenannten Eschenheimer Wiesen, sowie die Wiesen am Kettenhof und Rüstersee. Abermals muß ich es hier beklagen, daß durch die in meiner Zeit gar zu sehr in die Breite gegangene Spekulationswut der größte Teil dieser wahrhaften Schönheiten für immer verloren ging, und kein auch noch so geübtes Auge die Stätte wieder erkennt. Die der Holzhausischen und Stalburgischen Öde zunächst gelegenen Eschenheimer Wiesen hatten bis zur Anlegung des neuen Friedhofes um das Jahr 1829 einen durchaus einsamen und abgeschlossenen Charakter. Es waren weite, saftige Rasenflächen, welche in allerüppigstem Grün prangten und durch ihre unmittelbare Angrenzung an die zunächst der Stadt gelegenen Gärten wundervolle nahe Spaziergänge und Erholungsplätze darboten. Die Eschersheimer Landstraße, welche dieselben nach der Westseite hin begrenzten, hatte damals kaum noch ein Haus aufzuweisen, sondern war durch lauter Gartenwände und lebendige Zäune begrenzt. Da, wo der Grüneburgweg von derselben abbiegt, begannen dunkle, dichtstehende, schlanke und himmelhohe Rüstern die Straße einzuschließen, so daß sie das Aussehen einer ganz engen und schattigen finsteren Allee erhielt, wie die in unseren Tagen noch teilweise erhaltene und nun leider auch dem Untergang geweihte sogenannte Seufzerallee zeigt, welche auf dem Öderwege rechts nach der Stalburger Öde führt. Überhaupt war das ein Hauptcharakter aller dieser Plätze, daß sie von hohen Rüstern eingeschlossen waren, was der ganzen Umgebung einen eigentümlichen ernsten Ausdruck verlieh und in dem Bilde unserer Stadt, namentlich von dem Sachsenhäuser Berge aus gesehen, eine höchst wichtige Rolle spielte. Dazu kam noch eine prachtvolle Lindengruppe dicht hinter der Holzhausischen Öde, die in ihrem Dunkel einen frischen, mit einem steinernen Kranze eingefaßten Brunnen verbarg, der leider später ganz mit Erde überschüttet wurde, so daß seine Spur nicht mehr zu entdecken ist.

Genug, alles ist fort und wir haben das Nachsehen; glücklicherweise aber auch das Nachsehen in meiner Sammlung, und da wird denn doch manchem ein Licht aufgehen, wenn er die schönen Plätze sieht, deren Stelle er nicht mehr zu finden weiß. Ebenso einsam und still lag auch der etwas weiter entfernte Kühhornshof.

Doch ich will nicht zu denen gezählt sein, die nur die Vergangenheit loben und die Gegenwart verschmähen, sondern will mich recht freuen, wenn die jetzige aufblühende Generation in den mit ihr verwachsenen Zuständen ebenso viele poetische Blüten zu finden weiß, wie sie damals in allen Gassen standen. Alles hat seine zwei Seiten, und Mißstände gab es damals wie heute; vielleicht stechen sie sogar noch greller hervor und haben nur das Strenge verloren, weil die Zeit die Schärfe der Anschauung mit dem Dufte der Vergangenheit überzogen hat. Wer jetzt um unsere Stadt herum die große Menge stattlicher Häuser betrachtet, welche ganze Straßen und Stadtviertel bilden, wird sich wohl schwerlich vorstellen können, daß im Jahre 1829 und 1830 beinahe noch kein Haus außerhalb der Tore zu finden war, und daß die Weizen-, Korn- und Kartoffelfelder bis dicht an die Promenaden heranreichten und nur durch die Fahrstraße von denselben geschieden waren. Sobald man aus dem Gallustore heraustrat, übersah man eine freie ununterbrochene Ebene bis an den Fuß des Gebirges hin. Nur das kleine, gelbe Wachthäuschen des ehemaligen Pulvermagazins bildete eine Art von Anhaltspunkt. Zwischen dem Gallus- und Untermaintore befand sich eine Art von Wintergarten, eine sogenannte Orangerie, geheizte Treib- und Aufbewahrungshäuser, durch welche man hindurchgehen konnte. Vor dem Eschenheimer Tore, nach dem jetzigen Kirchhofswege, wurde in schönen, bis beinahe in unsere Zeit herein noch erhaltenen Gebäuden ein ziemlich lebhafter Gemüsebau betrieben, die Gärtnerei genannt; dort befand sich das Taubstummen-Institut.

Carl Theodor Reiffenstein 1865/1866

HOLZHÄUSER ÖDE

Er ist einer der ansehnlichsten Meierhöfe und mit vielen von Stein erbauten Stallungen etc. versehen, zu welchem 100 Morgen Äcker und Wiesen gehören. Zur Seite des Hofes erhebt sich ein hohes steinernes Gebäude, das mit einem Wassergraben umgeben ist. Seine gewölbte Küche hat das besondere, daß sie gleich einem Keller in der Erde steht, und in der Mitte einen Brunnen hat. Den Hof besaß ehemals das Patrizialgeschlecht von der Oede, genannt zu Lamburg oder Lemberg, welches 1480 erlosch, und von diesem kam er mit seinen Gütern an das alte adlige Geschlecht von Holzhausen. Da es in älteren Zeiten nichts ungewöhnliches war, daß etliche Geschlechter die Namen von ihren Häusern oder Gütern annahmen, so glaube ich, daß auch hier bei der Familie, genannt zu Lemberg, der nämliche Fall eintrat, daß sie sich von ihrem Hof und Gut, die Oede genannt, den Namen beilegte, um sich vielleicht dadurch von einem anderen ihres Namens zu unterscheiden. Das Wort Oede kommt von dem uralten Wort Od her, welches ein Gut oder Besitzung anzeigt. Daher war auch die Benennung auf der Oede mehreren vor der Stadt gelegenen Höfen gemein. Justinian von Holzhausen setzte im Jahr 1540 das Gut in einen besseren Stand und führte das Gebäude höher auf, als es vorher gewesen war, das aber bei der Belagerung der Stadt 1552 von dem Feind in Brand gesteckt wurde.

ESCHERSHEIMER LANDSTRASSE - 20. November 1871

Heute wurde der Anfang gemacht, die schönen Rüster (Ulmen)- und Eschenbäume zu fällen, welche an der Ecke des Weges anfangend, längs der Landstraße sich hinzogen und die Wiesen nach der von Holzhausenschen Oede nach dieser Seite hin einschlossen.

Weiter hinauf steht noch eine zweite Reihe solcher Bäume. Ich fürchte fast, daß in nicht gar langer Frist auch die Meldung dieses Verlustes noch in den Bereich meiner Tätigkeit fallen wird.

GÜNTHERSBURG BEI BORNHEIM

BORNBURG

Hat den Namen Günthersburg von dem Kaiserlichen Kriegskommissarius Johann Jacob Günther, als deren Besitzer bekommen, wie zu ersehen ist im Intelligenz Blatt, i. Februar 1723.

Im Jahre 1827 halb abgerissen. Die Morgensternsche Zeichnung, nach welcher das Bild kopiert ist, trägt das Datum 9. November 1830, was also das Datum der Ausführung jener Zeichnung bedeutet und nicht das Bild des Gebäudes im Jahr 1830 gibt. Die hinteren Gebäude tragen die Jahreszahl 1632 und fehlen auf den übrigen Blättern. Ob solche nun im Jahr 1827 mit abgerissen wurden kann ich bis jetzt nicht bestimmen, da ich das Gebäude nur aus Zeichnungen kenne.

BORNBURG 1861

Laut einer alten Handschrift besaß Kulmann Weiss von Limpurg, ein hiesiger Patrizier, im Jahre 1306 den Hof bei Bornheim.

Ein fremder Besitzer der Burg hätte leicht ein gefährlicher Nachbar für die Stadt werden können, deswegen verlangte auch der Rat 1490 von Johann von Glauburg, daß er seinen Bornheimer Hof nicht sollte in fremde Hände gelangen lassen. In späteren Zeiten wurde dieser Hof die Bornburg, und endlich auch nach dem Namen des Eigentümers, der vor der Mitte des letztabgewichenen Jahrhunderts noch lebte, die Günthersburg genannt. Der ganze Hof wird von einem Wassergraben umgeben. Die beiden Eingänge waren vor einigen Jahren noch mit Aufzugbrücken versehen. In dem Hauptgebäude verdient der große Saal bemerkt zu werden, welcher während der Kriegszeiten öfters mit Kranken und verwundeten Soldaten belegt wurde.

STALBURGER ÖDE - Mai 1859

Schon als Knabe reizte das Stalburgische Haus in seiner Abgelegenheit stets meine Neugierde, so oft ich in dessen Nähe kam. Die lange finstere Allee, welche dahin führt, und die eigentliche Seufzerallee, nebst den hohen, beinahe undurchdringlichen Hecken die das Ganze Besitztum umgaben, trug noch außerordentlich viel mehr dazu bei, den Eindruck des Einsamen und Verborgenen zu vermehren, wozu sich noch der Umstand gesellte, daß es lange Zeit unbewohnt stand und die kleine Eingangstür am Anfang der Allee beständig verschlossen war. Der unter dem Namen Stalburgsbrünnchen bekannte Brunnen war ebenfalls in jener dichten Umzäunung mit eingeschlossen, und konnte von außen kaum wahrgenommen werden. Es fällt die Zeit, von der ich hier rede, in den Anfang der dreißiger Jahre, wo noch niemand daran gedacht hatte, in jener Gegend Straßen anzulegen und Häuser zu erbauen, wie jetzt, was dem Ganzen eine andere Gestalt gibt. An einem Sommermorgen faßte ich mir, der ich schon verschiedene Male schüchtern mit meinem Skizzenbuch hinaus bis an den Zaun gewandert und immer wieder unverrichteter Sache umgekehrt war, ein Herz, und sprang über die Heckenwand in den Garten hinein. Alles war still. Ich näherte mich dem Hause durch hohes Gras und stand endlich am Rande des Grabens, welcher dasselbe umgab.

Der Wasserspiegel war regungslos und gab das Bild des Hauses vollkommen wieder. Über der ganzen Umgebung lag eine Ruhe ausgebreitet, daß man die tausend Heuschrecken und Grillen im Grase zirpen hörte. Die Vögel sangen dazu. Die Sonne schien auf die alten Wände und auf das Schieferdach mit den gebräunten Schornsteinen, und keine menschliche Seele war ringsum zu sehen... Ich zeichnete eifrig und mit außerordentlichem Behagen, jedoch nicht ohne einige Besorgnis. Als ich fertig war, schlich ich mich nach dem Brunnen. Er lag unter dunklen und wild verwachsenen Linden in einem in die Erde eingetieften Quadrat wie die meisten solcher Brunnen hiesiger Gegend, mit hinabführenden Treppen. Er hatte einen runden, aus blauen Steinen bestehenden Kranz, an dessen vorderer, nach dem Hause hin gerichteten Seite sich das von Stalburgische Wappen nebst der Jahreszahl 1734 befand, und vortrefflich erhalten war. Da stand ich nun an dem lange erstrebten Orte meiner Sehnsucht. Es ist mir noch wie heute . . . Dieser Tage kam ich nach langer Pause wieder einmal in den Garten. Von dem Graben sieht man keine Spur mehr. Das Haus steht noch unverändert...

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