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Aus „Als sie einst die Stadt schützten – Frankfurts befestigte Gutshöfe" von Hans Pehl, 1978

Truppenlager des kaiserlichen Kriegskommissars

DIE GÜNTHERSBURG

Wer von all den Frankfurtern, die im Günthersburgpark mit seinen gepflegten Anlagen, seinem schönen Baumbestand, seinen Bänken Ruhe und Erholung suchen, mag wohl wissen, daß er sich auf geschichtsträchtigem Boden befindet? Daß römische Kolonisten hier einmal eine Villa erbaut haben, in einer Zeit, als dieses fruchtbare Fleckchen Erde am äußersten Ende ihres Weltreiches lag, daß auf seinem Grund und Boden Ritter gewohnt haben und ein herrliches Schloß gestanden hat? Von all den Herrlichkeiten ist heute nichts mehr vorhanden, alles haben Unverstand und mangelnder Sinn für das Schöne und Wertvolle sinnlos vernichtet. Nur der Name Günthersburgpark hält noch die Erinnerung wach.

Im Mittelalter dürfte er wohl lange Jahre Sitz eines ritterlichen Geschlechtes, der Herren von Bornheim, gewesen sein. Wohl damals schon mit Wall und Graben umgeben, hätte die „Bornburg“, in unseren Quellen Ossenau (Ochsenau) genannt, den Frankfurtern gefährlich werden können, doch ist uns über ernsthafte kriegerische Zusammenstöße nichts bekannt. Urkundlich hören wir verhältnismäßig spät von ihr. 1306 ist der Hof im Besitze von Rulmann Weiß von Limburg. Als dieser 1327 das begehrte Schultheißenamt in Frankfurt erhält, siedelt er sich nicht innerhalb der engen, bedrückenden Stadtmauern an, sondern bleibt in der damals noch ländlichen Gegend „autzer der Stadt auf seinem Guth bei Bornheim“ wohnen. Doch schon 1397 ist ein Frankfurter Patrizier, Junge Wisse, in seinem Besitz. Er muß dem Rat der Stadt gegenüber die übliche Verpflichtung eingehen, es nicht in fremde Hände gelangen zu lassen und es für Frankfurter Truppen stets offen zu halten. Gegen diese Verpflichtung verstößt sehr zum Mißvergnügen des Rates in eklatanter Weise einer seiner Nachfolger. Er verpfändet den Hof für 300 Gulden ausgerechnet an Frankfurts alten Gegner, den Erzbischof von Mainz. Als der Frankfurter seine Schulden nicht zurückzahlen kann, versucht der geistliche Herr, den Hof in seinen Besitz zu bringen, und die Stadt muß dem Schuldner mit den schärfsten Zwangsmaßregeln drohen. Endlich zahlt er, die ernste Gefahr für die Stadt wird in letzter Minute abgewendet.

1490 erwarb Johann von Glauburg zu Lichtenstein das Gut, seitdem bürgerte sich für rund 200 Jahre der Name „Glauburger Hof“ ein. 1552 wird er bei der Belagerung Frankfurts niedergebrannt, und seine Felder werden verwüstet. Doch dann gerät er 1690 in die Hände eines skrupellosen Geschäftemachers und Spekulanten, eines Herren Johann Jakob Günther, seines Zeichens „kaiserlicher Kriegskommissar“. Vom kleinen Wirt und „Gasthalter“ durch gewinnbringende Lieferungen an kriegsführende Mächte zu Reichtum gekommen, reißt er einige Frankfurter Gasthöfe an sich, darunter das „Rote Haus“ auf der Zeil (wo heute das Hauptpostamt steht), damals das vornehmste, prächtig ausgebaute Hotel in der Stadt, in dem Fürstlichkeiten und andere hochmögende Herren verkehren. Von dem Patrizier Johann Christian Banz von Eyßeneck erwirbt er für den lächerlichen Preis von 5700 Gulden die Burg, selbstverständlich nennt er sie jetzt die „Günthersburg“. Die alten, nach dem großen Brand längst wiedererrichteten Gebäude benutzt er dazu, Truppen einzulagern, um sie so der Aufmerksamkeit des Rates zu entziehen. Zuletzt hat der Spekulant großes Pech, die hochadligen Geschäftspartner Günthers erweisen sich als Gauner, er verliert sein ganzes Vermögen, darunter auch die Günthersburg. Bei seinem Tode (1722) ist er bettelarm, um seinen Nachlaß wird noch lange prozessiert.

Die Günthersburg will (wohl aus der Konkursmasse) der Fürstabt von Fulda erwerben, doch der Rat verweigert seine Zustimmung. 1766 gehen der Hof und das weitläufige Gelände an den Bauspekulanten Johann Georg Petsch über, von ihm zehn Jahre später an die Frau des Generals von Wimpfen, geb. Goy. In den Befreiungskriegen wird er Lazarett für preußische Verwundete, der Ratsherr Johann Adam Beil verkauft 1837 Burg und Ländereien an den Freiherrn Karl Meyer von Rothschild. Damit kommen sie endlich wieder in die Hände einer Familie, die aus ihr etwas zu machen versteht. Er beauftragt den Stadtgärtner Sebastian Rinz, dem Frankfurt seine Anlagen auf den früheren Stadtbefestigungen verdankt, Wiesen und Äcker in einen prächtigen Park zu verwandeln. Sein Sohn läßt die inzwischen baufällig gewordene Günthersburg abreißen und an ihrer Stelle ein Schloß erbauen. Doch die Rothschilds, die ja u. a. ein repräsentatives Stadthaus besitzen, scheinen bald das Interesse an ihrem Besitz verloren zu haben. Jedenfalls ging 1891 das ganze Gelände in das Eigentum der Stadt über, die schmuckvolle Rothschildsche „Sommerresidenz“ wurde abgerissen, nur die Orangerie blieb erhalten, der Park wurde ein wenig später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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