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Aus „Frankfurt im Feuersturm" von Armin Schmid, 1984

Auszüge aus der Chronologie der Zerstörung

16.10.1939
Erste englische Bomber überfliegen die Stadt

04.06.1940
Erster Bombenangriff auf Frankfurt - mindestens 12 weitere Angriffe folgten in diesem Jahr

12.-13. September 1941
100 Flugzeuge , 75 Sperng-, 600 Brand- und 30 Leuchtbomben, 50 Phosphorkanister und Flugblätter werden zw. 23:00 und 4:31Uhr über Frankfurt abgeworfen. Ein Flugzeug wurde in der Gegend Pfingstweidstr., Baumweg 2 angeschossen und verursachte Brand- und Sachschaden an 6 Häusern

März 1942
U. A. werden im Volksbildungsheim und der Elisabethenschule neue Teillazarette für die Verletzten der Ostfront eingerichtet.

04.10.1943
400-500 Flugzeuge werfen 27 Minen, 220 Sprengbomben, 150.000 Stabbrandbomben, 1.400 Phosphorbomben zwischen 2:30 und 3:30 über Frankfurt ab
Der Kühhornshof gerät durch Sabotage in Brand.

26.11.1943
300-350 Flugzeuge werfen 27 Minen, 220 Sprengbomben, 150.000 Stabbrandbomben, 1.400 Phosphorbomben zwischen 2:30 und 3:30 über Frankfurt ab
Der Kühhornshof gerät durch Sabotage in Brand.

20.12.1943
200-300 Flugzeuge werfen 114 Minen, 12 Kleinminen, 613 Sprengbomben, 275.000 Stabbrandbomben, 19.400 Phosphorbrandbomben, 50 amerik. Flüssigkeitsbrandbomben zu 30 kg und tausende Flugblätter über Frankfurt und Offenbach ab. Bei diesem Angriff wird die Stadtbibliothek zerstört, das Haus Luisenstr. 9 steht in Flammen.

29.01.1944
500-600 Flugzeuge greifen mit 60 Minen, 2.100 Sprengbomben, 10.000 Flüssigkeitsbrandbomben, 110.000 Stabbrandbomben Frankfurt erneut an.
Das Löschwasserbecken gegenüber Günthersburgallee 43 wird total zerstört, das am Heideplatz beschädigt. Bombenschäden und Brände in der Berger Straße 99 und im Haupternährungsamt Hermesweg...
In der Musterschule wird eine weitere Verpflegungsstelle für Betroffene eingerichtet.

04. und 08.02.1944
Insgesamt 650 Flugzeuge werfen 3.680 Sprengbomben und 4.000 Flüssigkeitsbrandbomben hauptsächlich über den westlichen Frankfurter Stadtteilen ab.

18.03.1944
1.000 Flugzeuge mit 10 großen Luftminen, 208 Sprengbomben zu 500 kg, 2.180 Sprengbomben zu 250 kg, 20.000 amerik. Flüssigkeitsbrandbomben zu 30 kg und 800.000 Stabbrandbomben verursachen 1.673 Großbrände, 1.353 Mittelbrände und 2.186 Kleinbrände im Stadtgebiet.
Bilanz: 421 Tote und 55.500 Obdachlose, 2.491 total zerstörte sowie 5.205 schwere bis leichte Gebäudeschäden.
Hauptziele waren der Stadtkern, Rödelheim, Niederrad und die Gegend öslich des Hauptbahnhofes. Getroffen wurden u.A. Zoo, Opernhaus, Paulskirche, Liebighaus, Städel und Völkerkundemuseum.

22.03.1944
1.000 Flugzeuge werfen 42 Luftminen zu 1.000 kg, 122 Sprengbomben zu 1.000 kg, 1.100 Sprengbomben mit 200 - 850 kg, 12.000 Flüssigkeitsbomben und 1.200.000 Stabbrandbomben ab.
Bei 7.743 Bränden, 4.161 total und 8.882 teilweise zerstörten Wohngebäuden sterben 1.001 Menschen, 120.000 werden obdachlos.
Dieser Angriff galt u.A. Rödelheim, Bockenheim, Bockenheimer Landstr., Grüneburgweg und den östlichen und nord-östlichen Stadtteilen
Die Wasserleitung aus dem Vogelsberg wird unterbrochen, ebenso die Hauptleitung in der Holzhausenstraße. Der Ostteil der Stadt ist ohne Trinkwasser.
Der gesamte Häuserkranz um den Römerberg und Domhügel wird zerstört, ebenso wie z.B. Goethehaus und Hauptwache.

24.03.1944
100 Flugzeuge mit 8 Luftminen, 15 Sprengbomben mit 2.000 kg, 250 Sprengbomben zu 250 kg, 200 Flüssigkeitsbomben zu 30 kg, 2.500 Flüssigkeitsbomben zu 14 kg und 50.000 Stabbrandbomben beendeten die März-Angriffe. Bilanz: 372 Tote, 5000 Obdachlose, 1264 Brände.
Das Bethmannpalais am Hessendenkmal brennt aus.

25.09.1944
Bei weiteren Angriffen ( 300 Flugzeuge mit 1.744 Spreng- und 1.000 Brandbomben) werden u. A. Volkbildungsheim, Holzhausenstr. 23/5, Lersnerstr. 5, 7 und 20 sowie Wolfsgangstr. 2, 4 und 16 zerstört.

27.03.1945
...Die Nacht verlief ruhig. Auf einem Spähgang nach Mitternacht bemerkte Major Umbach die ersten Amerikaner, die sich in den Anlagen um den Opernplatz eingenistet hatten. Als sich deutsche Truppen an der Bockenheimer Landstraße zusammenrotteten, fürchteten die gepeinigten Anwohner, es könne zum Kampf kommen. Herrn Umbach gelang es, sie zu beruhigen, und bald darauf brachten sie Essen und Getränke für die ausgehungerten Soldaten. Herr Umbach, der sich im Keller eines zerstörten Hauses in der Liebigstraße aufhielt, erinnert sich an einen Universitätsprofessor, der bis in die Morgenstunden für die Soldaten Tee kochte, und an eine Musiklehrerin, die ihren letzten Wein spendierte. Nach vergeblichen Versuchen, mit der Wehrmachtskommandantur, die man im Glauburgbunker wähnte, Verbindung aufzunehmen, machte er sich selbst auf den Weg, denn seine Leute waren ohne jede Verpflegung.

Der Glauburgbunker lag verlassen. Auf dem Weiterweg zur Marbachkaserne begegnete ihm ein junger Leutnant mit dem Fahrrad, der ihn fragte, ob er den Befehl des Wehrmachtskommandanten nicht erhalten habe, mit allen zurückgehenden Truppenteilen auf der Bertramswiese in Stellung zu gehen, um Eschersheim und Eckenheim zu verteidigen. Major Umbach lehnte kategorisch ab, den unsinnigen Befehl eines geflohenen Kommandeurs auszuführen und diese Stadtteile Artillerie und Bomben auszusetzen.

Er beauftragte den Leutnant, die ihm unterstellten Truppen gruppenweise zurückzuschicken, damit sie sich dann später in der Kaserne wenigstens einmal verpflegen konnten.

In der Zwischenzeit fuhr er mit einem kleinen Wehrmachtsfahrzeug durch die verwüstete Eschersheimer Landstraße zum IG-Hochhaus. Dort standen amerikanische Panzerspähwagen und viele amerikanische Soldaten, die sich recht unbekümmert benahmen. Nun war es höchste Zeit zu verschwinden, damit nicht zu guter Letzt ein Blutbad entstand.

Ein wahres Glück, daß sich die Amerikaner bei ihrem Vormarsch Zeit ließen. In der Marbachkaserne herrschte Untergangsstimmung. Nur einige junge Offiziere glaubten noch immer an den Endsieg. Mit MG-Nestern, Schützenlöchern und Panzersperren hatte man die Kaserne zur Nahverteidigung vorbereitet. Überall lagen Handgranaten und Panzerfäuste herum.

Die leitenden Militärärzte des benachbarten Lazaretts, das bis unters Dach mit Verwundeten vollgestopft war, beschworen die Offiziere, von einem Kampf abzusehen. Zusammen mit dem von seinem Einsatz in Groß Gerau zurückgekehrten Bataillons-Kommandeur Goll und den restlichen anwesenden Offizieren beschloß man in einer letzten Lagebesprechung, die Kaserne unter allen Umständen kampflos zu übergeben.

Es war inzwischen Spätnachmittag geworden, und Major Umbach schickte seine völlig erschöpften Männer in die Keller, damit sie sich hinlegten und ausschliefen. Bei Dunkelheit sollten sie sich Richtung Friedberg-Nauheim absetzen. Als Sammelpunkt wurde der Nordhang des Russenwäldchens am Vilbeler Exerzierplatz bestimmt. Wer verschlafe, geriete unweigerlich in Gefangenschaft.

Major Umbach, von einigen seiner Leute begleitet, erreichte den Exerzierplatz nicht mehr. An der Stelle, wo die Friedberger Landstraße in den Wald einmündet, stand ein amerikanischer Panzer und begann, die Flakstellung bei Berkersheim zu beschießen. Die kleine Gruppe versuchte, die Straße am Westrand Vilbels nach Massenheim zu überqueren. Plötzlich hörte sie ein nichtendenwollendes Rollen von Gronau her. Panzer im Anmarsch! Sie hatten sich verfahren und suchten Verbindung mit den aus Richtung Limburg anrollenden Truppen. Frankfurt war eingeschlossen. Kurz danach geriet Major Umbach in Gefangenschaft.

Der besonnenen Haltung von Männern wie Stemmermann und Umbach ist es zu danken, daß Frankfurt bei der Besetzung von schwerstem Unheil verschont blieb.

Wenn Frankfurt die letzten Wochen des Krieges ohne völligen Zusammenbruch überstand, so lag das vor allem an einigen Männern der Stadtverwaltung, die für Lebensmittel, Wasser, Elektrizität, Gas und Verkehr verantwortlich waren. Einige blieben während des Einmarsches der Amerikaner auf dem Posten und nahmen mit ihnen bereits Verhandlungen auf, als erst ein Teil der Stadt besetzt war. Manche versuchten, während der Kampfhandlungen Kabel zu flicken, damit wenigstens die Krankenhäuser mit Strom versorgt werden konnten. Andere fuhren mit dem Rad trotz MG- und Artilleriefeuer durch die amerikanischen Linien zu ihren Dienststellen und holten nach der Besetzung sofort ihre Leute zusammen, um mit dem Wiederaufbau zu beginnen.

 

Am 28. 3. meldete der Wehrmachtsbericht:

... Im Kampfgebiet am unteren Main wird im Südwestteil von Frankfurt gekämpft: Feindliche Angriffe und eigene Gegenstöße wechselten im Raum Hanau, während Angriffe auf Aschaffenburg abgeschlagen wurden ...

In den folgenden Wehrmachtsberichten wurde die Einnahme Frankfurts mit keinem einzigen Wort mehr erwähnt.

Am 29. März 1945, es herrschte regnerisches Wetter, zog bereits morgens amerikanische Infanterie, von Ginnheim kommend, durch die Kurhessenstraße. Kurz danach fuhren sieben amerikanische Panzer über die Eschersheimer Landstraße nach Norden.

Die Zivilisten, die sich herauswagten, wurden von den Amerikanern nicht beachtet. Gegen 16 Uhr verkündete der amerikanische Sender die Einnahme Frankfurts.

Gegen 17 Uhr konstituierte sich die Militärregierung unter Oberst Criswell. Der verantwortliche Offizier für die Stadtwerke war Major Reynolds. Herr Wilhelm Hollbach, ein Chefredakteur im Haus der Frankfurter Zeitung, übernahm die schwere und undankbare Aufgabe des Bürgermeisteramtes.

So lautet das Dokument seiner Einsetzung

Ich habe Herrn Wilhelm Hollbach zum vorläufigen Bürgermeister von Frankfurt ernannt. Die Beamten der Stadtverwaltung haben ihren Dienst sofort wiederaufzunehmen und seinen Weisungen Folge zu leisten. Der vorläufige Bürgermeister hat von mir Befehl erhalten, die deutsche Polizei in Frankfurt am Main wiederaufzustellen. Alle Polizeioffiziere und Polizeibeamten, die gewillt sind, loyal mit der Besatzungsmacht zusammenzuarbeiten, können in das neue Polizeikorps eingestellt werden. Sie haben den Anweisungen des von mir bestellten vorläufigen Bürgermeisters Folge zu leisten.

Frankfurt a. M.

gez. Criswell

I have made Mr. Wilhelm Hollbach temporary lordmayor of Frankfurt/Main. American soldiers are requested to let him pass.
gez. Unterschrift

4.822 Frankfurter starben im Bombenkrieg, über 22.000 erlitten Verletzungen. 12.701 fielen als Soldaten. Die geschätzte Zahl der Einwohner zur Zeit der Einnahme schwankt zwischen 230.000 und 250.000; die Hälfte davon war obdachlos. Von etwa 177.000 Wohnungen waren 90.000 zerstört. Durchschnittlich kamen zwei Menschen auf einen Wohnraum. 12,5 Millionen cbm Trümmerschutt und zehn zerstörte Brücken hinterließ das vergangene Regime als Konkursmasse.

Der Krieg war für Frankfurt beendet.

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