Der Kinderschutzbund eröffnet heute seine Räume in der ehemaligen Orangerie der Bankiersfamilie Rothschild im Günthersburgpark
Von Claudia Michels
Aus der Geschichte für die Zukunft: Heute wird die klassizistische Orangerie des früheren freiherrlichen Anwesens der Bankiersfamilie Rothschild als "Gewächshaus für Kinder und Jugendliche" fröhlich eröffnet. Ein Ort soll das werden, wo Heranwachsende "zeigen können, was sie drauf haben", meint Florian Lindemann vom Kinderschutzbund. Wie früher die Pflanzen.
"Die Orangerie ist speziell bestimmt für Bäume, Sträucher und Pflanzen, deren Vegetation im Winter in Stillstand geräth, und welche aus diesem Grunde und ihrer besonderen Härte wegen, während der Wintermonate sich mit wenig Licht begnügen, selten des Begießens und gar keiner Wärme bedürfen, weshalb man sie höchstens vor Frost bewahren und so halten muß, daß das Thermometer über Gefrierpunkt bleibt."
So steht es in einer "Theoretischen und praktischen Anleitung zur Kultur der Kalthaus-Pflanzen" aus dem Jahre 1862. Da diente die Orangerie schon seit sieben Jahren draußen vor der Stadt, beim Schloss der Rothschilds, dazu, die Kübelpflanzen der Schlossparks über den Winter zu bringen. Die Rothschilds hatten ihr prächtiges Schloss auf dem Grundstück der mittelalterlichen Bornburg bauen lassen, einem Gemäuer, das mit wechselnden Eigentümern durch die Jahrhunderte wechselnde Namen trug, zum Beispiel Glauburger Hofgut. Seit ein gewisser Johann Jakob Günther (um 1700) Eigentümer war, hieß das Anwesen Günthersburg. 1840 wurde die Burg abgerissen. Ein "Schloss im römisch-klassischen Stil" wurde auf dem Gelände errichtet, wie es Claudia Fafflok beschreibt, die eine Chronik über die Geschichte geschrieben hat. Wenig später kam die Orangerie dazu.
Wo man sich das Schloss der Rothschilds, die Villa Günthersburg, denken muss, ist im heutigen Günthersburgpark immer noch eine freie Fläche. Ein Erinnerungszeichen fehlt bis heute, berichtet die Chronistin. Vielleicht deshalb, weil jenes Palais im Gegensatz zu den anderen in Frankfurt nicht die Nazis und nicht der Bombenkrieg zerstört haben. Nach der letztwilligen Verfügung von Mayer Carl von Rothschild, des letzten aus der Familie, der dort residiert hatte, war der Bau 1891 abgerissen worden.
In jenem Jahr kaufte die Stadt auch den einstmals von Stadtgärtner Sebastian Rinz angelegten Schlossgarten samt den "entzückenden Durchblicken nach vielen Richtungen" (Frankfurter Nachrichten, März 1900). Das Gelände, "29 Hektar, zehn Ar, 61,45 Quadratmeter" laut Magistratsakte, wurde nach dem Palmengarten die zweite öffentliche Grünanlage.
Nur die Orangerie, "Teil einer Komposition aus naturnah gestaltetem Weiher mit Insel, symmetrischem Blumengarten sowie einem kreisrunden Blumenbeet", war beim Abbruch des Rothschild-Anwesens stehen geblieben. Der Hallenbau wurde als Schutzhalle gegen schlechtes Wetter eingerichtet, dann als Café, dann als Vereinshaus, schließlich, nach dem Zweiten Weltkrieg, als Kirche der Deutsch-Evangelisch-Reformierten Gemeinde. Deren Erbpachtvertrag wäre eigentlich noch bis zum Jahr 2048 gelaufen.
Doch die "Gnadenkirche" im Park wird nicht mehr gebraucht, weil die Gemeinde ihre Räume im Westend zusammenlegt. Mit der Spende von 400 000 Euro hat das Stifter-Ehepaar Karl und Else Seifried dem Kinderschutzbund und damit den Kindern das Haus an der Comeniusstraße 39 samt Nebengebäuden zum Geschenk gemacht.