Vor allem viele ältere Studenten arbeiten regelmäßig in der Deutschen Bibliothek
Von JOHANNA WOLFF
Die Konstellation von Text und Bild beim Krimibuch-Cover. So lautet der Arbeitstitel der Diplomarbeit von Mareike Bibber. Um sinnvoll in die Arbeit einsteigen zu können, muss sich die Kulturwissenschafts-Studentin möglichst viele dieser Titelseiten ansehen und sie untersuchen. Deswegen rollt sie zwei Wochen lang täglich mit einem großen Wagen durch die Deutsche Bibliothek (DB), voll gepackt mit Taschenbüchern und Hardcover-Publikationen. "Ich fotografiere jede Titelseite ab", sagt sie.
Allein von den Autoren Raymond Chandler und Sherlock Holmes hat Mareike Bibber mehr als 80 Kriminalromane im Onlinekatalog der DB gefunden. Von manchen Büchern gibt es acht verschiedene Auflagen, deren Titelseiten jeweils unterschiedlich gestaltet sind. Insgesamt lagern im Magazin im Keller der Bibliothek fast acht Millionen Medieneinheiten. "Wenn es die Deutsche Bibliothek nicht gäbe, würde es unglaublich viel mehr Aufwand kosten, an all die Bücher heranzukommen", sagt Mareike.
Nicht nur Studierende wie die Kulturwissenschaftlerin nutzen die 325 Arbeitsplätze in der DB. Viele ihrer Kommilitonen brauchen das Archiv nicht so dringend wie Mareike und könnten theoretisch auch in ihren Fachbereichsbibliotheken lesen und lernen. Doch zahlreiche Studierende aller Fachbereiche ziehen die DB vor. So auch Kristina Koeltz. Die Juristin arbeitet an ihrer Promotion. "Ich genieße die Abwechslung", sagt sie. Bei zwei hinter ihr liegenden Staatsexamina habe sie genug Zeit im fensterlosen Juristischen Seminar verbracht. In der DB sei es dagegen immer schön hell. "Angenehm ist auch, dass das Publikum hier etwas älter ist", findet Kristina.
Erstsemester laufen einem in der Deutschen Bibliothek in der Tat selten über den Weg. Die meisten Studenten hier arbeiten an Diplom-, Magister-, Examens- oder Doktorarbeiten. "Es gibt Phasen, da reicht der Platz gar nicht für die ganzen Diplomanden", erzählt der Betriebswirtschaftsstudent Andreas. Im Januar und Februar etwa, als sich anscheinend die Abgabetermine häuften, habe es im Foyer teils kaum freie Schließfächer gegeben.
Keine Ausleihe möglich
Den großen Andrang kann Andreas, der selbst grad seine Diplomarbeit schreibt, gut nachvollziehen. "An jedem Platz gibt es eine Steckdose für den Laptop", erzählt er. Weil er durch ein Auslandssemester in den USA verwöhnt sei, wisse er den vergleichbar hohen Standard der DB zu schätzen. "Das Problem hier ist aber das Essen", fügt er hinzu. In der Umgebung gebe es nicht viel mehr als einen Thai-Imbiss und ein amerikanisches Schnellrestaurant. Auch an die Bibliothek selbst ist ein Restaurant angeschlossen. Es hat eine täglich wechselnde Speisekarte, wird aber nicht wie die Mensa subventioniert und ist dementsprechend teurer.
"Wir sind keine Studentenbibliothek", sagt Michaela Michel, die für die Öffentlichkeitsarbeit der DB zuständig ist und Wert auf deren Archivcharakter legt. Als "Erstversorger" verweist sie auf die Fachbereichsbibliotheken und die Universitätsbibliothek an der Bockenheimer Landstraße. "Bei uns gibt es zwar alle Publikation, aber immer nur ein Exemplar", erklärt sie. Bei der Suche nach Standardwerken sei es also sinnvoller, andere Bibliotheken anzusteuern, die in dieser Hinsicht besser ausgestattet seien. Außerdem könne man in der Deutschen Bibliothek keine Bücher ausleihen und mit nach Hause nehmen.
Auch wenn die DB zwar nicht als erste Anlaufstelle für sie gedacht ist, sind "Studenten hier immer herzlich willkommen", betont Michaela Michel aber. Davon, dass man sich gerne auf die Bedürfnisse des studentischen Publikums einstellt, zeugt auch ein Zettel in der Cafeteria, worauf für das "Studenten-Special" geworben wird: ein Latte Macchiato und ein Muffin für drei Euro.