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Aus: Frankfurter Rundschau vom 18.08.2007 und 31.08.2007

Eine Metamorphose

Von Sandra Busch

Frankfurt, deine Plätze: Vom Hundeklo zum gepflegten Treff - der Friedberger Platz ist nicht wiederzuerkennen

Er war das größte Hundeklo der Stadt. Schmutzig-grau-grünes Gras, ein Asphaltband drum herum, darauf so viel Blech wie auf der Friedberger Landstraße. Ein Platz zum Wegschauen. Jetzt ist alles anders. Auch wenn Hunde immer noch ihr Geschäft dort verrichten. Denn eine Wiese gibt es weiterhin. Seit fünf Jahren aber ist das Grau raus. Kegelförmig im Eck von Friedberger und Bornheimer Landstraße angelegt, ist sie am Vormittag Treffpunkt der Nordend-Hunde. Und ihrer Besitzer. Dawird auf den beiden gepflasterten Wegen gegrüßt, auch mal ein Schwätzchen gehalten. „Man kennt sich hier auf dem Friedberger Platz", sagt Ursula Beyer, die ihren Golden Retriever Juma dort fast täglich Gassi führt.

Frühstück im Freien

Die Wiese lässt das Hundehalterherz höher schlagen. Aber wie immer ist des einen Freud auch des anderen Leid. „Ich würde mich ja gerne auf die Wiese legen, aber da machen mir zu viele Hunde hin", bemängelt Christof Schüler.
Der Friedberger Platz ist schließlich mehr als nur Wiese mit acht Laubbäumen. Schüler hat es sich auf einer der Bänke bequem gemacht. Mit Kaffee, Eierweck und Zeitung. Frühstück im Freien. „Ich hab keinen Balkon und hier kann ich ein bisschen die Sonne genießen." Die laute Friedberger Landstraße konnten die Stadtplaner nicht einfach wegzaubern: Dort quälen sich die Autos wie eh und je entlang, morgens stadteinwärts, abends hinaus.
Dabei haben sich die Planer alle Mühe gegeben, den Verkehr um den Platz zu beruhigen. Die Rotlintstraße wurde zur Sackgasse, die Günthersburgallee ist nur noch durch einen schmalen Spielstraßen-Weg mit der Bornheimer Landstraße verbunden. „Erst dadurch wurde der Platz als ein solcher erkennbar", sagt Dierk Hausmann vom Stadtplanungsamt. „Lange Zeit war er nur eine Verkehrs-Restfläche."
Zwölf Jahre Einsatz des Ortsbeirats und zwei Millionen Euro hat es gekostet, aus dem Hundeklo einen geräumigen Platz zu machen: Die Wiese ist von Kopfsteinmosaik und Steinplatten umgeben, ein Spielplatz, zwölf Doppel-Bänke, acht Laternen und vier Mülleimer haben die Nordend-Bewohner hierhin bekommen - und als ihren Quartiersplatz angenommen. „Es ist der Dorfplatz des Stadtteils", erzählt Turhan Tutkun. Er besitzt den Kiosk am Rande des Platzes, hat das Treiben täglich vor Augen.
Aber nicht alle haben Zeit, den Platz in Ruhe in sich aufzunehmen. Er ist auch ein Ort der Durchreise. 30 Fußgänger, 26 Radfahrer und vier Tauben queren am Vormittag innerhalb von fünf Minuten den Platz. Zeit zum Verweilen bleibt den wenigsten.
Nur freitags, da ist alles anders. Denn freitags ist Wochenmarkt. Dann kommen Nachbarn auf ihrem Quartiersplatz zusammen, legen Picknickdecken auf. „Der Wochenmarkt hat den Platz noch mal aufgewertet", findet Ursula Beyer. „Ein richtiger Stadtteil-Treff." Bei Wein vom Markt und Bier vom Kiosk wird dann gefeiert. Bis spät in die Nacht. Jede Woche. Auf einem Platz, der lange benannt war, aber lebensfeindlich blieb.



Was vom Tage bleibt

von Sandra Busch

Jeden Freitag wird der Friedberger Platz zur Partyzone

Gegen Sechs spuckt die 12 die ersten Heimkehrer aus. Im Gänsemarsch überqueren sie das kurze Stück von der Haltestelle zum Friedberger Platz, noch auf dem Weg streifen sie Anzugjacke und Krawatte ab. Eine junge Mutter schiebt ihren feuerroten Kinderwagen auf den Rasen, winkt einem Mann auf blau karierter Decke zu. Busseln und Herzeln. Freitagabend im Nordend, Wochenmarkt auf dem Friedberger Platz.
Klar, viele erledigen dort schnell und wohnortnah noch vorm Abendessen die Wochenendeinkäufe an Gemüsestand und Metzgerwagen. Doch freitags auf dem Friedberger Platz geht es um mehr als Einkaufen: Der Markt ist Treffpunkt der Nordend-Bewohner, ein Ort, an dem sich Nachbarn und Freunde begegnen. Und bleiben. „Man braucht sich freitags gar nicht zu verabreden", erzählt Sebastian. „Man trifft einfach immer wen, hier ist das Nordend unter sich." Für den 35-Jährigen gehört der Markt zum guten Start ins Wochenende. Jeden Freitag ist er da, trinkt sein Glas Silvaner am Weinstand des Rollanderhofs.

„Einfach irre"

Jüngst hat er seinen alten Freund Andy getroffen. Andy - natürlich auch aus dem Nordend - ist das erste Mal da. Aber kaum das letzte Mal: „Es ist einfach irre, was hier los ist: als gäbe es etwas umsonst." Denn vorm Weinstand drängen sich um kurz vor sieben die Menschen, reden, lachen, trinken. Dass hier wer „nur mal schnell" einkauft, scheint unmöglich. Das Gewirr der vielen Stimmen schwebt über den Markt, schwirrt als dumpfes Gemurmel zur Rasenfläche des Platzes.
Dort ist Stimmung wie im Park am Wochenende: Familien rasten auf Picknickdecken, Kinder laufen fröhlich qietschend über die Wiese. Wenige Meter entfernt donnern die Pendlerautos über die Friedberger Landstraße aus der Stadt raus. „Doch davon bekommt man gar nichts mit", findet Christian, der es sich mit einem Glas Wein auf der Platzmauer bequem gemacht hat. „Die Atmosphäre macht das vergessen." Viel besser sei die als auf dem Bornheimer oder dem Konstablermarkt. „Hier können nämlich Kinder auf der Wiese krabbeln. Das ist toll." Kein Wunder also, dass sich vor allem ein junges Publikum zur familiären Nordend-Party einfindet.
Manche kommen mit Isomatten, andere sind inzwischen besser ausgestattet: Nathalie sitzt unter einem gelb geblümten Sonnenschirm auf ihrem Trekker-Stuhl und lässt entspannt den Tag ausklingen. „Mir würde inzwischen was fehlen, wenn ich freitags nicht zum Markt käme", sagt sie und lacht. „Aber das hier soll bloß nicht noch bekannter werden, es ist schon voll genug."
Für Weinstand-Inhaber Ralf Weyerhäuser ist der Andrang dagegen ein Segen. „Den ganzen Tag über ist hier wenig los, alle machen erst abends ihr Geschäft." Dennoch hebt sich der seit zwei Jahren bestehende Markt für ihn positivvon anderen ab. „Es ist genial hier, nirgendwo lernen sich die Leute so schnell kennen."

Bis ein Uhr im Gras

Alles gut im Nordend-Kosmos? Nicht ganz. Weil Samstagmorgens immer Müll herumlag, gab's schon Arger. „Wir haben zwar sauber gemacht, aber die Leute bleiben oft noch bis um ein Uhr auf der Wiese sitzen", sagt Weyerhäuser. Deshalb werde nun auch am Samstagmorgen geputzt. „Jetzt dürfte es keinen Anlass mehr für Beschwerden geben."
Aber immer noch ärgern sich Besucher. Denn neben dem Duft von Grillwurst und Pommes riecht es auch immer wieder nach Hundekot. „Man müsste ein Hundeverbot hier erteilen", wünscht sich Nathalie. „Dann bräuchte man auch nicht mehr aufpassen, wenn die Kinder über die Wiese krabbeln." Doch der guten Stimmung kann der Kot nichts anhaben, findet Sebastian. „Der Markt ist einfach so schön heimelig, fast wie ein wöchentliches Rotlintstraßenfest"

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