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Aus: Frankfurter Rundschau vom 03.08.2007

Gerippe eines Soldatensenders

von Claudia Michels

Wie das AFN-Haus am Hessischen Rundfunk warten auch andere leere Gebäude auf neue Nutzer

Da oben am Alleenring ist die alte Bundesrepublik versteinert. Aus der Besatzungszeit wird an der Bertramstraße gerade unter schrillem Schleifgeräusch das alte Gebäude von American Forces Network (AFN) ausgeräumt und entkernt. Nebenan ragt, als Erinnerung an Frankfurter Hauptstadtträume, die als Bundestags-Plenarsaal errichtete heutige Rundfunk-Rotunde „am Dornbusch" auf. Von der Bertramstraße einmal um die Ecke geblickt, steht in hellblau-grauer Fassade eine mächtige frühere Bundesanstalt leer in der Gegend -jene für „Landwirtschaft und Ernährung".
Auch diese Büromassen an der Adickesallee 40 sind aufgrund falscher Erwartungen nach Frankfurt gekommen, wie Klaus Armbrecht von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der Eigentümerin des Blocks, anmerkt: „Das Haus dort wurde gebaut, als Frankfurt Hauptstadt werden sollte." Über 50 Jahre haben die beamteten Marktbeobachter demnach am falschen Platz ausgeharrt; im Mai 2005 dann wurde der Sitz der Behörde, „im Rahmen des Berlin/ Bonn-Ausgleichs nach Bonn verlegt".
In Frankfurt, an der Vorfahrt zur Adickesallee 40, ließen die Davongezogenen alle Briefkästen mit schwarz-weißem Band dicht verklebt zurück. Der aufgeständerte Glaskasten mit den „Bekanntmachungen" neben der Tür ist leer, es gibt ja nichts mehr zu verkünden. An der Hofeinfahrt greift sich von hinten das Gebüsch allmählich die Sprechanlage. Nur noch Efeuranken kriechen in Richtung der aufgegebenen Beamtengaragen über den Asphalt.
Wer von der leeren Anstalt etwas weiter blickt, sieht in der Ferne den Sendemast des Hessischen Rundfunks aufragen. Doch im Sender werden Expansionswünsche zum Alleenring in Abrede gestellt. „Wir wollen das Haus der Bundesanstalt nicht", versichert Karola Burski im Funkhaus, die Projektleiterin für Bauaufgaben. Das gelte ebenso für den angrenzend, an der Adickesallee 36, leer stehenden, schwarz gekachelten Gebäudeblock, den Landesarbeitsgericht und Frankfurter Arbeitsgericht im Mai geräumt haben. Der Tesafilm zum Ankleben der Hinweiszettel auf den Umzug in die Gutleutstraße löst sich allmählich. Hinter der Glastür ist im Foyer der Schmutz vergangener Gerichtstage zurück geblieben.
Da oben nahe dem Dornbusch, der seinen Namen von den dornigen Büschen der Frankfurter Landwehr hat, ist aber auch eine „Revitalisierung" im Gang. Dieses Erneuerungs-Versprechen findet sich in der Bertramstraße an dem Bauschild, das den Umbau der ehemaligen AFN-Gebäude erläutert. Am schweren, grauen Eisengatter, unter uralten Robinien, lässt eine abgeklemmte Überwachungskamera Kopf und Kabel hängen.
Im Hintergrund ist von der Geschichte des US-Senders, der dort als Pächter des Hessischen Rundfunks auch die deutsche Demokratie festigen half, nur noch ein drei Stockwerke hohes Gerippe übrig. Karola Burski lenkt den Umbau des 1966 errichteten Hauses - zum Nutzen der ARD. Zunächst habe man von der Gebäudefront die Platten mit den bunten Mosaiksteinchen abgenommen, weil da künftig heller Naturstein hängen soll. Dann kamen die Fenster raus, um größere einsetzen zu können. Wo einmal die legendären AFN-Studios lagen, werden künftig, im Herbst 2008, Büros der ARD-Werbung und der ARD-Tochter „Sales and Service" eingerichtet.
Angrenzend, auf den leeren Grundstücken der Adickesallee, ist alles eine einzige Prüfung. Das hellblaue Gebäude der Bundesanstalt ist laut Klaus Armbrecht „in ordnungsgemäßem Zustand übergeben worden", jetzt will der Bund das Land Hessen als Mieter haben. Der Plan, alle Justizbehörden aus Frankfurts Mitte an die Hausnummern 36 bis 40 zu verlegen, ist von Justizminister Jürgen Banzer (CDU) im Mai 2006 das erste Mal veröffentlicht worden.
Seitdem wird die Sache hin und hergewendet. „Wir werden demnächst mit dem Land sprechen", sichert Klaus Armbrecht (von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, bima) zu. Vom Verhandlungspartner „Hessisches Immobilienmanagement/HI" verlautet: „Es wird in alle Richtungen sondiert, alle Faktoren werden geprüft" - so Sprecherin Christiane Bockler-Wentlandt.
Und das, obwohl die Römer-Koalition nach heftigen Protesten aus den Gerichten Ende 2006 bereits gegen den Umzug der Justizbehörden gestimmt hat.

BERTRAMSTRAßE

Als Sitz des Rundfunks ist die Bertramstraße, benannt nach dem Gutsherrn und Patrizier Heinrich von Bertram, über die Grenzen hinaus bekannt.

Im Jahr 1966 hatte der amerikanische Soldatensender American Forces Network (AFN) seinen Sitz im Höchster Schloss verlassen und war auf ein Grundstück des Hessischen Rundfunks an der Bertramstraße gezogen.

Die Europa-Zentrale des Senders ist im Jahr 2004 nach Mannheim verlegt worden, um Anschluss an die dort stationierten US-Truppen zu finden.

Das Gebäude von 1966 übernimmt der Hessische Rundfunk für Büros. Es behält beim Umbau die alte Kubatur, wird also nicht aufgestockt oder erweitert. Der Umbau soll im Herbst 2008 fertig sein. Der HR gibt dann Räume im Bertramshof auf.

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